Tag 16: Samstag, 01. Dezember 2018

Wir fliegen etwa die gleiche Strecke wie beim Hinflug. Das Abendessen nach Mitternacht bietet keine Auswahl mehr. Fisch ist ab Reihe 41 aus. OK, dann die Hackbällchen. Das Licht geht aus. Wir dürfen schlafen. Es ist mehr ein dösen mir häufigen Unterbrechungen. Es ruckelt ab und zu, aber nicht lange. Der Pilot dreht dann kurz bei oder ändert die Höhe. Selbst in der Luft afrikanische Schlaglöcher! Die Afrikaner an Bord sind tief eingemummelt. An Bord herrschen nicht mehr die einheimischen Temperaturen. Westlich an Sardinien und Korsika vorbei erreichen wir bei Nizza wieder europäisches Festland. Es ist immer noch dunkel, aber das Lichtermeer wird heller. Über Genf und westlich an Luxemburg vorbei landen wir um kurz vor 6.30 h dt. Zeit sanft in Brüssel. Die Wege hier sind lang. Auch die Kontrollen dauern. Obwohl noch nicht so viel los ist, sind wir erst nach einer guten Stunde an unserem Gate 55 nach Frankfurt. Kurze Umsteigzeiten sind in Brüssel nicht zu schaffen. Europa und Weihnachten haben uns wieder. Die Shoppingmall mit angeschlossenem Flughafen ist schon ganz im Weihnachtsglitzer getaucht. Wir müssen uns erst noch dran gewöhnen. Unser Kurzflug nach Frankfurt hat etwas Verspätung. Eigentlich Abflug 9.05 h. Tatsächlich dann eine gute halbe Stunde später. Grund: Nebel beim Hinflug aus Frankfurt. Der Lufthansa-Airbus A 321 ist nahezu voll besetzt. Es ist ein kurzer Flug. Um 10.15 h setzen wir bereits in Frankfurt auf. Dann dauert es aber noch lange bis wir am zugeteilten Gate sind. 15 Minuten Fahrt mit dem Airbus! Und im Flughafen sind die Wege auch nicht kurz. Am Gepäckband steht die nette Information, dass das Gepäck sich verspätet. Klasse! Und dann die dauernde Ansage: “Lassen Sie ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt!” Wie soll ich etwas Unbeaufsichtigt lassen was ich noch gar nicht habe? Es dauert gefühlt “ewig” bis das Gepäck endlich anrollt. Tja, wir sind nicht mehr mit der Gelassenheit in Togo, sondern mit der Ungeduld in Deutschland. Der Alltag hat uns wieder! Aber es sind auch schon dast 90 Minuten seit der Landung vergangen. Zu wenig Personal! Wir verabschieden uns von den “Süddeutschen”! Die Schwaben dürfen heim ins “Ländle”. Ein längerer Weg als wir ihn vor uns haben. Die Abholung mit dem Rheinbacher Fahrdienst klappt einwandfrei. Wir rollen über die Autobahn zurück nach Rheinbach. Die Augen fallen zu. Es ist still im Großtaxi. Keine Schlaglöcher. Kein Gehupe! Um 13.30 h sind wir wieder in Rheinbach. Eine herzliche Umarmung und die Togoreise 2018 ist Geschichte. Aber gleich um 16.00 h stehen wir schon wieder für die Togohilfe im Stadttheater in Rheinbach. Wir machen mit dem Togoteam des Städtischen Gymnasiums beim Jahreskonzert des symphonischen Blasorchesters Fidelia Wormersdorf die Pausenbewirtung. Neue Einnahmen für neue Projekte.

Da sind wir wieder
Da sind wir wieder

Das Fazit
Es war wieder eine für die Togohilfe, für die Unterstüzten und für die Spender wichtige Inspektionsreise mit auch kulturellem Beiprogramm. Wir alle haben unsere Reise, die Unterkünfte, die Verpflegung, die Feiern - einfach alles - selbst bezahlt, denn bei der Togohilfe Rheinbach geht jeder gespendete Cent in die Hilsprojekte - und das direkt. Wir wurden überall herzlich aufgenommen, wie überhaupt die Gastfreundschaft uns gegenüber unbeschreiblich war. Wir waren auf Augenhöhe bei Freunden. Es kommt auch bei den Unterstützten gut an, dass die Togohilfe jährlich zu Besuch kommt - und kontrolliert, aber auch Neues initiiert. Wir konnten uns vom Fortschritt der Projekte im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe überzeugen. Unsere “Patenkinder” sind auf einem gutem Weg. Ein Glücksfall ist es schlieslich, dass wir uns auf unseren einheimischen Koordinator vor Ort, Aimé, verlassen können. Er ist unser Daueraußenposten in Togo und gibt uns die Gewissheit, dass wir mit voller Überzeugung unseren Spendern sagen zu können: Die Spende ist bei der Togohilfe nachhaltig vor Ort in Togo eingesetzt worden. Zu 100 %.


Von daher:
Unterstützen Sie die Togohilfe - jeder Cent kommt 100 % an!


Für unsere beiden Neuen bei der Reise 2018, Anja und Brita, war es ein besonderes Erlebnis Westafrika so hautnah erlebt zu haben.

Tag 15: Freitag, 30. November 2018

Die letzte Nacht in Mahogany Lodge. Gut geschlafen. Nachts noch eingecheckt für den Rückflug. Weiter geschlafen und morgens gemütlich zum Frühstück. Der Präsident hatte gestern Abend seinen noblen Tag - jeder durfte frei seine Frühstückszeit wählen! Heute auch mal ohne Zeitdruck ein zweites Kännchen Tee. Herrlich. Danach Koffer packen. Eigentlich hätte ein geruchsfester Schmutzwäschesack gereicht. Optimal hingekommen. Noch 1 x Unterwäsche und 1 Hemd als eiserne Reserve. Wir können für den halben Zimmerpreis 2 Zimmer bis zur Abfahrt heute Abend behalten. Wir teilen uns entsprechend auf.
Mit Silvia, Brita und Klaus fahre ich mit dem Minitaxi zum Kunsthandwerkermarkt in Accra. 20 Cedis für die Fahrt. Das sind keine 5,- €. Passt! Der Markt, unweit dem Unabhängigkeitsplatz, bietet Stände “ohne Ende”. Wer soll das alles jemals kaufen? Jeder Stand will auf sich aufmerksam machen. Wir werden angesprochen. Immer mit dem Versprechen “best price”. Nachdem klar ist, dass wir Deutsche sind folgt: “Wie geht es Dir? Alles gut?”. Wir schlendern was rum. Schauen hier, schauen dort. Die Damen kaufen auch was. Es gibt auch wirklich Schönes für wenig Geld. Natürlich Textilien, Leder, Schlappen, Ketten, Holzkunstwerke, Malerei, Schmiedekunst - alles da. Nach einer guten Stunde betrachten Brita und ich das Treiben von der Terrasse des “Welcomecenter” aus. Ein Ghanaer singt uns auf Deutsch “Auf einem Baum ein Kuckuck saß. Simsalabimsaladusalabim”. Kein Witz und auch nicht die Hitze! Nach und nach kommen Fahrzeuge mit “Weißen” an. Es ist aber nicht voll auf dem Kunsthandwerkermarkt. Es fällt auch auf, dass die Anbieter nicht mehr so aufdringlich sind wie vor 2 Jahren. Trotzdem will natürlich jeder uns irgendwie für seine Produkte überzeugen. Nach 2 Stunden ist tatsächlich unser Taxifahrer vom Hinweg wieder da. Wir hatten ihm gesagt er könne uns dann wieder abholen. Also alle vier wieder rein in den Matiz. Es geht im wilden Flug zurück zum Hotel. Wir hatten wohl das Renntaxi erwischt.

Vom Hotel aus gehen wir 4 eine Querstraße weiter zur Goethe-Stiftung. Wir haben gestern gesehen, dass es dort auch eine kleine Gastronomie gibt. Wirklich nett dort. Und sehr, sehr günstig. Wir essen jeder ein Gericht unter 10 Cedis, also um die 2,- €. Heute nochmal traditionell Afrikanisch. Redred (Bohnen mit Sauce) mit Fisch, Maniokmehl und Kochbanane. Lecker! Danach in unserer Lodge noch was am und im Pool relaxen. Ein leckeres Eis zum Abschluss. Letzte Dusche in Afrika, Koffer fertigpacken (also einfach alles rein!), die Europaklamotten anziehen und um kurz nach 19.00 h mit dem Hotelshuttle zum Flughafen. Es geht alles recht zügig. Wir stehen nur kurz an. Koffer aufs Band. Nur Brita muss was aus dem Koffer rausnehmen. Zu schwer! Der Koffer - nicht Brita. Ab mit der Erdnüsseflasche ins Handgepäck. Ausreisepapiere ausfüllen. Durch die Passkontrolle - Klaus Fingerabdrücke klappten erst im 20. Anlauf. Bei mir wollte sie keiner. Zu dicke Finger? Dann noch alles durch den Sicherheitscheck. Ab da nur noch warten. Es sind noch gut 3 Stunden bis zum Boarding. Also setzen wir uns erst ins Bistro und dann in die Bar. Von den Preisen und der Temperatur sind wir schon in Europa.

Redred mit Fisch und Kochbanane
Redred mit Fisch und Kochbanane

Überraschend früh das Boarding. Bereits ab 22.30 h geht es an Bord des Airbus A 330. Die Maschine steht auch startbereit am Finger. Also doch kein Zubringer von Lomé kommend. Um 23.00 h, in Deutschland bereits Mitternacht, wird der vollbesetzte Flieger auf die Rollbahn geschoben. Es kann losgehen. 5055 km oder 6 Stunden und 15 Minuten bis Brüssel. Erst einmal das Desinfektionsspray in der Kabine versprühen, bevor es um 23.10 h - 15 Minuten vor Plan - in die Luft geht. Ab jetzt Afrika im dunkeln und uvon oben. Die Lichter werden schnell weniger. Nur die Feuer der Brandrodungen fallen auf.

Tag 14: Donnerstag, 29. November 2018

Kommando zurück. Anja bleibt bei den hiesigen Freunden. Sie heißen jetzt nur anders: Ideal und Standard. Die Nacht war ansonsten für alle geruhsam. Das Frühstück ist ein Genuss. Heute geht es schon um 8.00 h mit dem Bus los. Zunächst auf der Strand-Avenue Richtung Tema. Wir überqueren einen Fluss, der ins Meer führt. Das Wasser im Fluss ist vor Plastikmüll kaum zu sehen. Schlimm! Kurze Zeit später kommen wir an mehereren Kasernen vorbei. An der Internationalen Kofi-Anann-Kaserne halten wir an. Dort werden Soldaten und Sicherheitskräfte in Sachen Friedenssicherung in Westafrika geschult. Deutschland hat das Hauptgebäude errichten lassen. In der Geschichte waren dort schon Dänische und Britische Gebäude. Ein freundlicher Soldat erklärt uns, dass wir nur mit Einladung in die Kaserne dürfen. Es gibt auch ein paar deutsche Soldaten dort. Wenn wir einen kennen würden, dann wäre ein Besuch möglich. Kennen wir aber nicht und einfach “Leutnant Müller” sagen haben wir uns nicht getraut. Am Strand stehen die Schießstände. Natürlich ist nichts abgesichert. Wir fahren die Promenade zurück. Viel Verkehr in die Stadt hinein. Ein Besuch an der Tawala Beach muss sein. Schön gelegen, unmittelbar am Strand. Wir setzen uns mit Blick aufs Meer in die erste Etage der Bambus-Terrasse. Hier schmeckt die Fanta - hier fruchtiger und weniger süß - noch einmal so gut. Der Blick geht unweigerlich in die Ferne.

An der Wahalla-Beach
An der Wahalla-Beach

Um 10.00 h will der Guide am Hotel sein. Er hatte noch einen Fernsehauftritt bei einer Talkshow zum Thema Tourismus in Ghana. Ich hätte mehr auf einen Stummfilm getippt! Wir warten. Nee kommt mit dem akademischem Viertel Verspätung. Wir fahren zunächst wieder die Strandpromenade entlang. An einem kleinen Handwerksbetrieb - sieht von weitem wie ein Kinderkarusselhersteller aus - halten wir an. Ein Sarghersteller! Für jeden Geschmack. Egal ob Flugzeug, Bierflasche, Smartphone, Geldschein oder Schwan. Hier kann sich jeder in lackiertem Holz nach Wunsch beisetzen lassen. Naja!

Der Sargmacher
Der Sargmacher

Weiter geht es zum großen Unabhängigkeitsplatz mit dem Grabmahl des unbekannten Soldaten, dem Festgelände, dem Triumpfbogen mit dem schwarzen Stern für die “Schwarzen” in Afrika und dem nahen Fußballstadion von Accra. Nee erklärt uns die Flagge von Ghana. Rot steht oben für das vergossene Blut der Ghanaer, gelb für das Gold und grün für die Vegetation. Der schwarze Stern verkörpert die “schwarze” Bevölkerung. In Togo ist es auch so, nur dass das Gelb für die Hoffnung steht und der Stern weiß auf dem rot ist. Nee erzählt heute überraschend viel. Über die Politik, die Präsidenten, die Bildung und die Wirtschaft.

Grabmal des unbekannten Soldaten
Grabmal des unbekannten Soldaten

Weiter geht es durch die verstopfte Stadt. Lange geht das mit dem Verkehr ohne richtigen öffentlichen Personennahverkehr und bei der Mißachtung der Ampeln nicht mehr gut. Schon jetzt ist die Belastungsgrenze überschritten. Wenn die Ampel rot ist, fährt man weiter. Noch bevor grün wird auch. Jedesmal verstopfte Kreuzungen. Lösung: Hupen, hupen, hupen! Die Mini-Busse, die an jeder Ecke jeden einsammeln und ausladen, verstopfen in Zweierreihen stehend noch mehr die Straßen. Wir biegen in die Oxford Street. Nicht nur in London eine Einkaufsmeile. Auch hier. Mit mehreren Shoppingcenter! Aber auch mit viel zu viel Ware aus China.

Triumpfbogen zur Unabhängigkeit
Triumpfbogen zur Unabhängigkeit

Wir erreichen den Ehrenpark für den ersten Präsidenten Ghanas, Dr. Kwame Nkruhma. Er wird noch heute als der beste Präsident gelobt. Er hat das Land aufgebaut, Bildung und Wirtschaft gefördert, die Infrastruktur gelegt, die afrikanische Einheit beschworen und wurde doch 1966 durch einen Putsch gestürzt. Mit 63 ist er 1972 im Exil in Guinea, nach einer Krebsoperation in Rumänien, gestorben. Erst Jahre später wurde ihm eine letzte Ruhe in dem Ehrenpark mit Monument und Museum zuteil. Wirklich eine beeindruckende Persönlichkeit. Wir steigen in den Bus und fahren am nächsten Markt vorbei. Wie zuletzt erstickt auch hier der Markt im Verkehr. Nee führt uns noch am alten Leuchtturm und dem Fischerhafen vorbei. Nicht gerade die vertrauensvollste Ecke von Accra. Es stinkt übel. Im Hafen brennen die Müllberge. Nach einem Besuch im Büro von Nee, zufällig auch ein Atelier und Verkaufsshop, fahren wir zurück zum Hotel.

Nkruhma
Ehrenmal Präsident Nkruhma

Jetzt heißt es sich von Aimé und Mohammed zu verabschieden. Aimé ist die deutsche Zuverlässigkeit in Togo. Er hat uns absolut perfekt begleitet, war achtsam und immer auf unser Wohl bedacht, auch wenn ihn die Malaria drei Tage außer Gefecht gesetzt hat. So zuverlässig ist er auch zu den Projekten der Togohilfe. Wir wissen sie bei ihm in guter Obhut. Auch Mohammed hat Salifou bestens vertreten. Zwei vom gleichen Schlag. Wir wurden immer mit Umsicht, selbst in schwersten Verkehrssituationen, chauffiert. Mit einem Trinkgeld - auch für Salifou - fahren beide heim. Wir genießen derweil den Nachmittag, sortieren uns schon für den morgigen Rückreisetag - aber erst am späten Abend - und reden viel über das Erlebte. Es sind wirklich so viele Eindrücke! Der deutsche Eigentümer des Hotels ist auch da. Wir bezahlen schon die Zimmer und reservieren noch einige Zimmer bis zu unserer Abfahrt morgen Abend zum Flughafen.
Abends wollten wir ins Captain Hook, gleich um die Ecke gegenüber dem Goethe-Institut, aber es war geschlossen - Unfall am Sonntag!? Also doch ab in unser Restaurant in der Mahegony Lodge. Die Karte bietet viel Abwechslung. Ghanaische und indische Küche. Und ein gediegenes Ambiente. Vorher das warme Handtuch für die Hände. Natürlich auch Butter und warme Brötchen vor dem Hauptgang. Hier stimmt der Service. Nach dem leckeren Essen sitzen wir noch was zusammen. So langsam müssen wir uns auf den Abschied aus Westafrika vorbereiten.

Tag 13: Mittwoch, 28. November 2018

Was für eine entspannte Nacht. Das tat gut. Sofort lindern sich die Beschwerden Einzelner von selbst! Auch das Frühstück ist gleich eine andere Kategorie. Mit Eiern nach Wahl, frischem Saft, Obstteller, Cornflakes, süßen Brötchen, usw.. Wir sind das gar nicht mehr gewohnt. Gestern hatte es noch kurz für die üblichen 30 Minuten “aus Eimern” geregnet. Jetzt ist alles schon wieder trocken. Michael, Uschi und Aimé ziehen sich heute für Besprechungen i.S. Togohilfe zurück. Es gibt noch viel mit unserem Koordinator zu besprechen. Eine Nachbetrachtung der Besuche vor Ort und Planungen für die Zukunft. Aber auch Belege prüfen und Verbesserungen für die Zukunft vornehmen. Die Togoreise ist immer vor allem eine Arbeitsreise. Das sind wir unseren Spendern schuldig - trotz der Reise auf eigene Kosten.


So brechen wir zu fünft mit Fahrer Mohammed und unserem Guide auf. Silvia hat Vorschläge für heute mit ihm besprochen. Es ist viel los auf Accras großen Straßen. Die Stadt wächst und wird rund um den Flughafen immer moderner, ja fast westlich. Gleich hinter dem Notarztwagen auf der Rettungsgasse fährt der Leichenwagen. Da wittert einer ein Geschäft. An den Ampeln die Verkäufer. Es wimmelt nur so an Menschen. Der LKW neben uns ist, wie sollte es auch anders sein, hoffnungslos überladen. Oben in über 5 m Höhe ist sogar eine Ziege festgebunden! Entlang der Strecke fällt das viele Kleingewerbe, besonders auch produzierendes Gewerbe, auf. Tischler, Schweißer, Betonteilehersteller, Bruchsteinlieferanten, etc.. Wir fahren an Cashew- und Mangobaumplantagen vorbei. Zwischendurch immer wieder Bananen. Es geht nur langsam voran. Entweder die Schlaglöcher oder die wahnsinnigen Dreifachschweller alle paar Meter machen die Fahrt zur Ruckelpartie. Die Hügel sind wieder üppig bewaldet. Man sieht aber auch Monokulturen und abgeholzte Bereiche. Es geht über Dodowa, Somanya und Odumase nach Kpong. In Odumase ist Markt. Es geht nur im Schritttempo durch. Chaos pur. Gehupe und gehupe. Wild gestikulierende Polizisten. Parkende Minibusse in Zweierreihen. Wir schaffen es doch bis Kpong am Voltafluss.

Am Volta Fluss
Am Volta Fluss

Dort unternehmen wir mit einem Plattboot und einem Einheimischen eine einstündige Tour auf dem Voltasee. Unser Bootskapitän hat ganz schön zu tun uns um die kleinen, bewachsenen Inseln zu paddeln. Brita traut dem Boot nicht und passt auf den Bus auf. Rettungswesten Fehlanzeige. Wasserkannte nur wenige Zentimeter unter der Oberkannte des Bootes. Der aufgeschnittene  Kanister dient zum Wasser schöpfen. Wir geben dem Voltasee regelmäßug sein Wasser zurück! Eine schöne Bootsfahrt. Ruhig gleiten wir durchs Wasser. Seerosen, Wasserlilien und Fischerbooten begegnen wir. Herrlich! Wir kommen heil und trocken wieder an.

Bootsfahrt auf dem Volta-Fluss
Bootsfahrt auf dem Volta-Fluss

Es geht zurück nach Odumase zu der Fabrik der sog. “Cedi Beads”, d.h. der Glasperlen. Cedi Djaba, der bereits auf der ganzen Welt diese traditionelle Kunst vorgestellt hat, führt uns durch die Freiluftfabrik. Vom Flaschenlager, dem Rohprodukt, bis zur Herstellung, Verarbeitung, dem Brennvorgang und der Veredlung. Natürlich gibt es auch einen “Showroom”! Für wirklich günstiges Geld sind schöne Glasperlen, z.B. als Ketten oder Armbänder zu erwerben.

Die Mahegony Lodge in Accra
Die Mahegony Lodge in Accra

Jetzt heißt es den Rückweg antreten. Wir überqueren erneut den Meridian. Es sind noch etwa 2 Stunden Fahrtzeit. Schuld sind die Löcher in der Straße und die brutalen Schweller. Es gibt auch weitere Bremsmanöver, nämlich dann wenn das entgegenkommende Fahrzeug seine Zeit für den Überholvorgang unterschätzt hat oder mal wieder die Ziegen auf der Straße grasen.Mohammed bringt uns heil zum Hotel. Auch unser Guide, er heißt Nee, hat etwas mehr von sich aus erzählt. Über die Völker und Sprachen in Ghana, anstehende Regionalwahlen und etwas über die Orte durch die wir gefahren sind. Schnell unter die erfrischende Dusche. Wir nehmen im Hotel ein leckeres Abendessen ein. Mein Hähnchen ist wohl mit Pfefferschoten umgebracht worden. Scharf! Den Abend mit der Champions League zu beenden hat doch was. Hier kann man es frei sehen.
Für alle Anja-Fans: Sie ist wohlauf, strahlt, genießt den Komfort hier und ist zu Hause zu neuen Taten bereit!

Tag 12: Dienstag, 27. November 2018

Guten Morgen. Und wir haben es doch überlebt - wenn auch mit Zweifeln! Eine unruhige Nacht. Nicht wegen dem Deckenventilator, der drehte sich brav, wenn auch mit Unwucht. Er blieb aber an der Decke. Es war eine unruhige Nacht wegen dem Unbehagen. Aber irgendwann siegte die Müdigkeit. Trotzdem wurde auf jedes Geräusch in der Nacht genau geachtet. Noch eine Nacht hier? Nein, das muss nicht sein! Der holländische Eigentümer (wer jetzt Böses denkt) begrüßt mich vor dem Frühstück. Wie kann man sein schönes Anwesen nur so verhuntzen! Schade! Das Frühstück ist dem Standard angemessen. Butter ist Backfett und die Erdnussbutter hat bereits einen flauschigen Pelz. Das Brot ist aber frisch. Sonst hätte unser Schwarzbrot aus Deutschland uns satt machen müssen. Auf das Omelette verzichten wir. Die Marmelade kommt aus dem Kühlschrank. Sieht “normal” aus. Ich mache das Versuchskaninchen. Heißes Wasser ist da. Kaffeepulver und Teebeutel auch. Der Zucker ist feucht. Wir beenden schnell das Frühstück. Um 9.00 h sind wir durch die Tür.

Eingang Botanischer Garten in Aburi
Eingang Botanischer Garten in Aburi

Kurze Zeit später treffen wir im Botanischen Garten von Aburi ein. Maxwell, unser Führer im Garten führt uns für eine gute Stunde durch die Botanik. Der Botanische Garten ist 1890 von den Engländern in seiner jetzigen Form angelegt worden. Erster Gartenbaudirektor war William Growther. Erste Pflanzungen gibt es bereits seit 1875. Was für eine Pracht an alten Bäumen. Die Natur ist so wunderbar! Schon die lange Kokospalmen-Allee als Einfahrt ist beeindruckend. Die Anlage des Botanischen Gartens ist 60 ha groß. Wir können nur einen kleinen Teil sehen. Maxwell erklärt uns viele Bäume. Der Parasitenbaum, der um einen anderen, immer alten Baum, wächst. Der Sheabutter-Baum für die Kosmetik. Der Strangler-Ficus Baum mit dem hohlen Stamm. Der Muskatnußbaum, aus dessen Nußummantelung Pfefferspray gemacht wird. Der brasilianische Affen-Pott-Baum mit den Früchten in denen die Affen sich mit den Köpfen verfangen. “Wer alleine ißt, stirbt auch alleine!” Der Calliandra-Baum aus Guinea. Der Silk Cotton Kapak Tree von 1924. Der Kakaobaum aus Südamerika. Der Curry Leaf Tree aus Indien. Der Allspice Tree aus dessen Rinde Zimt gewonnen wird. Auch die Pflanzungen von Queen Elisabeth II. und Prinz Charles haben wir gesehen. Und den Hubschrauber der Briten, den sie nach dem Besuch der Queen dagelassen haben. Heute Kinderspielatraktion im Botanischem Garten. Bei uns undenkbar. Die Grubenbahn aus dem Rheinbacher Freizeitpark musste ja wegen Gefahr für die Kinder nach vielen Hahren entfernt werden. Das war zum Start in den Tag ein interessanter Ausflug in die Botanik.

Hubschrauber als Kinderspielplatz
Hubschrauber als Kinderspielplatz

Wir fahren weiter. Es rumpelt ganz schön auf der Straße. Immer wieder Löcher in der Straße, oft fehlt hunderte von Meter der Asphalt. Silvia meint, dass dafür der Dorfchef dort ein gemauertes Haus hat! Es ist doch außerhalb der Städte eine recht arme Gegend. Es ähnelt dem ländlichem Togo. Wir fahren durch üppig bewachsene Wälder bis zu den Boti-Wasserfällen. Unser Guide hat zwei oder dreimal unterwegs was Unverständliches gesagt. Jetzt ist der Guide vor Ort wieder dran. Es ist Ben, ein älterer Ghanaer. Nach den Formalitäten vor Ort, Ausländer zahlen immer das Vielfache an Eintritt, führt er uns Punkt 12.00 Uhr zu Fuß zu den Wasserfällen. Es geht viele Stufen hinunter. Angekommen erhalten wir einen atemberaubenden Blick auf die aus 33 m hinabstürzenden Wassermassen. Es sind zwei Wasserfälle. Mann und Frau. Ein Naturschauspiel besonderer Art. Wieder oben angekommen müssen wir uns erst die Schweißperlen abtropfen. Es sind wieder drückende über 30°C.

Boti Falls
Boti Falls

Wir fahren mit Ben im Bus zum nächsten Programmpunkt an die Boti-Falls. Die Strecke ist abenteuerlich. Regenfälle der letzten Monate haben der roten Piste Tribut gezollt. Tiefe Furchen kreuz und quer über die “Straße”. Wir gehen über den Einheimischenfriedhof mit den Erdgräbern, die mit Maiherzen ähnelnden Kränzen geschmückt sind, ein paar Minuten zum “Umbrella-Rock”, dem Schirm- oder Pilzfelsen. Er sieht wirklich so aus. Ein markanter Felsen im Urwald. Drum herum alles tropisch bewaldet. Hoffentlich bleibt die Natur so intakt.

Der Umbrella-Rock
Der Umbrella-Rock

Wir klettern auf den Felsen. Ein magischer Ort. Die vertriebenen Shais hatten ihn schon für sich entdeckt. Auf dem Rückweg sammle ich noch ein paar Erze ein, die fast rund, wie Steine, auf dem Weg liegen. Wir gehen hinter dem Friedhof noch zu einem Naturwunder. Eine dreistämmige Palme. Sie soll dem Erkletterer (zufällig steht eine Leiter angelehnt) Fruchtbarkeit bescheren. Anja ist als Erste auf dem Baum! Die Kinder des Ortes begleiten uns. Haribo macht auch diese Kinder froh. Wir bringen Ben zurück und ruckeln über die Buckelpiste bis zur Mittagsrast im “The Linda Dor” in Koforidua. Das Essen hatten wir telefonisch vorbestellt. Diesmal war die korrekte Trefferquote bei annähernd 60 %, Ein durchschnittlicher Wert. Die Falschbelieferten mussten noch was warten. Trotzdem ein gutes Restaurant mit flinkem Personal und westlicher Toilette - sogar mit Seifenspender! Wow!

Anja und Uschi auf dem Schirm-Felsen
Anja und Uschi auf dem Schirm-Felsen
Uschi und Anja auf der dreistämmigen Palme
Uschi und Anja auf der dreistämmigen Palme

Nach dem Essen fahren wir auf der Höhe weiter. Hinter Aburi geht es dann runter in die Accra-Ebene und eine offiziell vierspurige, manchmal auch sechspurige, Straße nach Accra. In Accra wohnen 5 Millionen der 29 Millionen Ghanaer. Der Blick auf Accra ist fantastisch. Leider ist es was bewölkt, sowie drückend warm und dadurch diesig. Auffällig sind hier wieder die vielen, auch moderneren, Autos. Mehr als in Togo. An den Ampeln stehen in Ghana auch viele Einheimische mit diversen Angeboten. Vom Kaugummi, über Wasser bis zum Knabbergebäck. Aber auch Exotisches ist dabei. Wir kämpfen uns bis zum Hotel durch. Sofort ein Aufschrei der Erleichterung im Bus. Ein richtig tolles Hotel die “Mahogany Lodge”, Saubere Zimmer, super ausgestattet, tolle Anlage, Pool, geschultes Personal - Welten zu gestern. Wir beziehen die Zimmer, duschen und kommen mit sichtlich begeistertem Gesichtsausdruck zum Abendessen. Hier können wir die Tour ausklingen lassen. Wir sitzen nett zusammen und planen den nächsten Tag. Heute wird es eine entspannte Nacht!

Tag 10: Montag, 26. November 2018

Eine ruhige Nacht. OK, das mit dem fehlendem Wasser in der oberen Etage war nicht so der Hit. Ansonsten aber Kurve nach oben. Die kleinen körperlichen Einschränkungen gehen fast überall zurück. Nur Anja hat noch Magenkrämpfe. Tja, Togo ist nicht Afghanistan. Aimé kann die Ghanareise mitmachen. Er sieht nicht mehr so “blass” aus! 7.00 h sind die Koffer gepackt und es wird gefrühstückt. Die Kirschmarmelade aus dem Arabischem Raum ist auch wieder auf dem Tisch. Butter war aus - kommt aber später noch. Mariama erscheint mit ihrem Sohn im Hotel um noch ein Dankschreiben von Anita für die Patin abzugeben. Auch Thomas ist pünktlich da. Hatte er versprochen. Er übergibt Silvia ein togoisches Kochbuch. Die Schwäbin ist hin und weg! Das Kochbuch zeigt die regionale Küche in Togo mit ausschieslich lokalen Produkten. Unterstützt durch OADEL = Organisation pour L”Alimentation et le Développement Local. Wir verabschieden uns von Salifou und Thomas. Ein herzlicher Abschied mit Wiedersehensgarantie.
Um 8.15 h starten wir mit dem “Ersatzbus” von ehemals “Dreieck-Transfer” aus der Schweiz. Der Mercedesbus 312 D hat 522.000 km auf dem Tacho. Sieht man ihm nicht an. Noch was geräumiger als der Mercedes von Salifou. Mit Veloursitzen. Wir werden auch am Popo verwöhnt. Nach dem Tanken geht es mit dem neuen Fahrer Mohammed Richtung Grenze. Wir fahren auf der Route Nationale 11 über Kpadafé an die Grenze bei Nyivé. Keine 20 km. Eine Moutainbikestrecke für Geübte, aber doch keine Straße! Es ist nicht weit bis zur Grenze, aber es zieht sich! Kurz nach 9.00 h stehen wir an der Grenze. Zumindest auf der togoischen Seite. Die Ausreiseformalitäten werden sehr ernst genommen. Genaue Einträge in das dicke Formularbuch. Es geht überraschend schnell. Wir sind anderes gewöhnt. Dann 1 km durch das Niemandsland bis zum Außenposten Togo. Wir haben den Grenzoffizier offensichtlich geweckt. Er steht auf, knöpft sich die Hose zu, zieht sein Jacket an, knurrt mürrisch - lässt uns aber gnädig passieren. Weiteres Niemandsland. Dann die Grenzstation Shia in Ghana.

Ghana Flagge
Ghana Flagge

Drei freundliche Ghanaische Grenzbeamten nehmen die Formalitäten auf. Wir füllen die Einreisepapiere aus. Die drei vor dem Antikorruptionsplakat geben uns den Einreisestempel in den Pass. Einer heißt Boateng. Wohl hier so verbreitet wie bei uns “Müller”. Der Arzt will uns nicht sehen. Also sind wir um 10.00 h durch. Naja, fast! Es folgt kurz hinter der Grenze noch eime Kontrolle. Hier geht es um die Papiere des Busses. Alles OK. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite nimmt die Grenzbeamtin gerne den Geldschein aus dem mit 10 Personen besetzten 5-Sitzer an. Auto-Model “Mad-Max-Film”, wie Klaus richtig bemerkt. Sie steht ja auch nicht am Antikorruptionsplakat. Als es weiter geht wird die Straße deutlich besser. Wieder mit Mittelstreifen. Die Chinesen bauen mit den Ghanaern die Straße aus. Die Häuser hier im Süden Ghanas sehen vertrauenserweckend aus. In Ho tauscht Aimé Geld. Von CFA in Cedis. Geldtausch in Euro geht nur bei der Stanbic Bank. Es dauert ein wenig. Aber es klappt. Puh, auch in Ghana ist es warm. Die 34°C werden locker erreicht. Wir besorgen uns die kleinen, leckeren Bananen. Unterwegs werden wir immer wieder von der Polizei an Schlagbäumen angehalten. Das ist immer noch so, wie vor 2 Jahren. Ein kurzer, netter Plausch und schon geht es weiter. Alle sehr freundlich. Bei Atimpoku fahren wir auf einer imposanten Stahlbrücke über den Volta-Fluss. Kurz danach in Senchi unsere erste Erfrischungs- und Pipipause. Ein leckeres, kühles Getränk! Die Mutigsten oder die mit der schwächsten Blase machen das Vorkommando. Alles überlebt!

Der Voltafluss
Der Voltafluss
Blick in den Shai Hill Nationalpark
Blick in den Shai Hill Nationalpark

Nächstes Ziel ist der Shai Hill Nationalpark. Das Volk der Shai lebte, von Nordnigeria kommend, fast 1000 Jahre in der Savanne. Dann wurden sie von den Engländern 1892 vertrieben, da sie sich weigerten Steuern zu zahlen. Es ist etwas bewölkt. Auf der Straße kommen einem die 80 km/h, die max. drin sind, wie 120 km/h vor. Vor dem Nationalpark begrüßen uns am Straßenrand die Paviane. In der Ferne sind Brandrodungen zu sehen. Am Eingang zum Nationalpark treffen wir unseren Guide. Mit dem Nationalparkranger, der ein sehr einheimisches Englisch spricht, starten wir zur Mogo Hill Tour.

Mogo Hill
Mogo Hill

Wir sehen in der beeindruckenden Graslandschaft einen Vogelstrauß, mehrere Zebras, Ibisse, weitere Vögel, Paviane und auch Antilopen. Eine Mini-Safari. Wir klettern auf den heiligen Mogo-Felsen. Von dort hat man einen fantastischen Blick in die Savanne. Der Shai Hill Nationalpark ist nicht riesig groß, aber eine würde Erinnerung an das Volk der Shai und ein kleines Tierreservat.

Auf einer Sandpiste geht es, nachdem wir uns satt gesehen haben, schließlich weiter Richtung Aburi. Zunächst schnurrt der Bus die Akwapim-Berge rauf. Er schnurrt laut! Bis fast 500 m. Zurück blickt man auf die Accra-Ebene. Die Berge sind dicht bewaldet. Wunderschön. Hier oben spürt man die Sommerfrische. Mohammed fährt ruhig und sicher. Unser Guide aus Ghana ist nicht der redseligste. Eher ein Stiller. Hoffentlich hat er nicht das Schweigegelübde abgelegt. Man muss ihm bisher alles “aus der Nase ziehen”. Unterwegs kommen wir an vielen Kirchen vorbei. Wir erreichen Aburi. Ein Ort mit vielen engen Gassen. Man fährt unmittelbar an den zahllosen Ständen vorbei. Es gibt sogar Einbahnstraßen! Wir erreichen noch vor der Dunkelheit um 17.10 h das Sweet Mother Eco Resort. Der Präsident hat direkt über Expedia vorgebucht. 5 Zimmer, 2 Nächte für 220,- €. Am Eingang begrüßt uns aber nicht sweet mother, sondern big daddy! Was für ein Schrank! Die Zimmer sind noch nicht fertig. Ohoh! Hoffentlich bedeutet das nicht, dass sie noch verputzt und tapeziert werden müssen. Brita testet den “Restroom” und kommt mit erhobenem Daumen wieder. Ein gutes Zeichen. So fahren wir erst einmal Essen. Am Stadtrand von Aburi ins Hillburi. Ein netter “Laden”, mit Pool, Außenterrassen und schönem Ambiente. Sogar der Obama-Burger ist auf der Karte. Uns gefällt nur nicht, dass wir die langen Hosen nicht anziehen konnten. Sind im Koffer auf dem Busdach. Also kräftig Antibrumm auf die nackte Haut. Sicher ist sicher. Das Essen ist gut. Alles lecker.

Sweet Mother Eco Resort
Sweet Mother Eco Resort

Wir sind zurück in unserem sweet home! Ohoh. Es geht auf die Zimmer. Britas Eindruck täuschte. Die Bewertung muss lauten: “Für den Gast, der das Abenteuer sucht”. OK, Klobrille ist fast überall da. Licht im badähnlichem Verschlag ohne Tür? Nein. Ist doch ein Fenster drin, mit 90 % Moskitonetzabdeckung. Warmwasser? Fehlanzeige! Wer hat alles ein Waschbecken? Hier fehlt es. Und dann die Zimmer! Erst einmal die verschiedensten Viecher raustreiben. Die haben das Insektenspray überlebt! Die Moskitonetzte sind innen am Fenster angebracht. Sinnig. So muss man erst raus aus dem Zimmer um ein Fenster aufzuschieben.Ist Euer Bett auch nass? Die Couch ist angebrannt. Wo ist das Bettlaken? Riecht das muffig hier! Wo ist das versprochene WLAN? Natürlich nicht vorhanden, Der erste Tag ohne Bericht auf der Hompage und bei Facebook. Leider gibt es keine Alternative. Da müssen wir durch. Keiner traut sich unter die Dusche. Erst morgen früh - falls wir den Morgen erleben. An der Bar im Garten setzen wir uns zusammen. Noch eine Übernachtung hier: Nein! Unsere Getränke nehmen wir aus der Flasche. Die Einwegbecher sind schon mehrfach benutzt - ganz offensichtlich. Wir versuchen morgen bereits die Zimmer im uns bekannten und schönen Hotel in Accra zu bekommen. Vorher wollen wir unsere Ausflugsziele des morgigen Tages ansteuern. Wird schon! Diesmal: Heile Nacht!

Tag 9: Sonntag, 25. November 2018

Gelobet sei der Sonntag! Unser Präsident ist wieder auf dem Damm! Das Fieber ist runter. Ihm ist offenbar der Erzengel Michael erschienen, nachem der Erzengel Stefan im eigenen Zimmer schläft. Das Frühstück nehmen wir draußen ein. Der Präsident trinkt wieder Kaffee. Ein gutes Zeichen. Anjas Bauch grummelt weiterhin. Sind es doch die Schmetterlinge im Bauch? Klaus ist tapfer. Auch bei ihm ist das Fieber runter, aber es drückt noch auf den Darmausgang. Ende des Krankenbulletins! Aber, wie gesagt, nichts Beunruhigendes!

Eidechse
Rue de Rheinbach

Nach dem Frühstück genießen wir den Sonntag Vormittag zunächst ausruhend am Pool. Freizeit! Aber vorher noch zur Rue Rheinbach im Ortsteil Kusuntu von Kpalimé vorbei. Das obligatorische Foto. Wir erinnern uns noch an die Einweihung mit Fest und Umzug und meiner Ernennung zum Ehrenhäuptling. Aber weiter ins Hotel Parc Residence. Herrlich am Pool sitzen, schwimmen, was trinken, den Libellen und der singenden Bachstelze zuschauen, ein leichter Wind bringt die Palmen zum rascheln - ach was ist es hier schön! Mit dem Besitzer, der Togoer ist und mit einer Deutschen verheiratet ist, tauschen wir uns aus. Er hat in Deutschkand Maschinenbau studiert und auch in Deutschland gearbeitet. 7 Jahre hat der Aufbau des Hotels in Kusuntu gedauert. Er ist sehr von den Verwaltungen hier, egal auf welcher Ebene, enttäuscht. Korruption überall. Messan kommt auch vorbei. Klaus gibt ihm die Bilder der Feiern in den drei Ausbildungszentren mit. Er erzählt uns von der theoretischen Ausbildung der Auszubildenden von Agerto. Auch die gehen 1 x in der Woche zur Berufsschule. Die Lehrer der staatlichen Fachschulen nehmen leider das Geld für die Materialien, wie Holz, Bleche, Steine und Stahl  für private Dinge. Oft kommen die Lehrlinge der staatlichen Ausbildungszentren zu Agerto um mal wirklich mit den Werkstoffen zu arbeiten. Traurig!

Suppe zu Mittag
Suppe zu Mittag

Wir haben am Sonntag vom Präsidenten gut 3 Stunden Auszeit bewilligt bekommen. Auch das Mittagessen - eine leckere, scharfe Rindfleisch-Gemüsesuppe - gehört mit zum Relaxprogramm. Die vielen deutschen Freiwilligen aus Kpalimé treffen sich ebenfalls zum Sonntag hier. Um 14.30 h heißt es aber Schluss mit Faulenzen. In einem Kunsthandwerkeratelier muss noch nach interessanten Verkaufsschlagern für den Rheinbacher Weihnachtsmarkt geschaut werden. Die Profis Uschi und Silvia schlagen zu, aber nur moderat. Wir haben noch viel im Lager in Rheinbach, da die letzte Bestellung aus Rheinbach nicht abgenommen wurde. Derweil wird es auf der Straße immer voller. Am Nachmittag steigt rund um eine katholische Kirche in Kusuntu - die Glaubensrichtung ist hier aber fast egal - der Auflauf. Aus allen Richtungen wird zur Totensonntagsmesse gepilgert. Alle fein angezogen, fröhlich, mit viel Musik und lautem Gespräch. So feiert man in Togo Gottesdienst. Heute mit der anschließenden Christkönigsprozession.
Bevor es mit Thomas Krahl, nachher mehr zu ihm, zum Abendessen erneut ins “Au Fermier” geht, organisiert unser Präsident noch einiges im Hotel La Detente um. Der Präsident zieht in die obere, feudalere Etage. Ein hoch auf den Präsidenten! Anja und Uschi bekommen jetzt auch ein Zimmer ohne Schimmel. Dafür funktioniert aber dort das mit dem Wasser nicht. Dabei will Anja heute nur zwei Freunde in der Nähe wissen: Villeroy & Boch. Brita darf bei mir Duschen. Aus ihrer Dusche kommt nur ein schmaler Strahl die Wand runtergelaufen. Wir werden uns doch nicht noch wohlfühlen hier? Aimé kommt auch dazu. Wir hatten ihm heute tagsüber frei gegeben. Er kuriert sich noch was aus. Aber auch er ist “über dem Berg”. Aimé begleitet uns zum Essen um noch ein paar organisatorische Abläufe für Ghana zu besprechen. So bekommen wir morgen einen neuen - besser: anderen - Bus mit Fahrer, da Salifou mit dem neuen Bus, den er jetzt fährt noch nicht in Ghana war und die Einreisebestimmungen dort von Togo aus - sagen wir mal - kompliziert sind. Aimé kuriert sich nach dem Gespräch weiter aus. Wir benötigen ihn fit.

Wir treffen Thomas Krahl mit seinem togoischem Freund Vince. Beide kommen mit Gitarre. Wir haben uns wieder Musik gewünscht, wie vor 2 Jahren am gleichen Ort. Thomas kommt eigentlich aus Dresden, ist gelernter Koch, trotzdem Vegetarier, seit 6 Jahren in Togo, war Freiwilliger bei Agerto und ist jetzt bei der GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) in Kpalimé zuständig für berufliche Bildung und Jugendförderung. Der Vertrag läuft bis 2020 mit Verlängerungsoption. Sein Büro hat er bei CRETFP. Aktuell kümmert er sich u.a. um die bessere Vermarktung der lokalen Produkte in Togo. Ein gutes Beispiel ist ChocoTogo, Schokolade, fair gehandelt, aus Togo von Togoern, die den Bauern sogar höhere Preise zahlen als für den Export. Italienische Kakaospezialisten helfen dabei. Thomas fühlt sich wohl, ist von seiner Arbeit begeistert und gut verwurzelt in Kpalimé, da er sich auch viel bei den Einheimischen tummelt. Ein ganz lieber und engagierter Lebenskünstler mit Format. Sein Freund Vince ist noch was von der Malaria geschwächt. Trotzdem spielt er uns mit Thomas mit viel Gefühl viele Lieder auf der Gitarre und der Mundharmonika. Am Nachbartisch singt eine Französin gekonnt mit hoher Stimme mit. Nach jedem Lied wird aplaudiert. Vince ist Holzbildkünstler. Er schnitzt fantastisch. Er hat was mitgebracht. Gesichter, Brieföffner, Löffel, Tiere und mehr. Schnell ist von den Damen alles aufgekauft. Vince beackert aber auch ein Feld mit Obst, da die Früchte nicht so schnell geklaut werden. Schnell geht der Abend bei abermals der leckeren Schafskäse-Honig-Crème-Fraîche-Wallnuss-Pizza, Musik und netten Gesprächen vorbei. Ein toller Abschlussabend in Togo, denn morgen geht es zur kulturellen Weiterbildung nach Ghana.

Gute Nacht Togo!

Vince und Thomas
Vince und Thomas

Tag 8: Samstag, 24. November 2018

Die Nacht war schon angenehmer. Das Zimmer zunächst noch gut gekühlt. Michael schlief deutlich ruhiger. Die wenigen Nießer waren dafür Erdbebenähnlich. Ich wache morgens auf. Mein Bettnachbar hat orange Stöpsel im Ohr. Es muss an mir liegen, denn er riecht eigentlich nicht so sehr aus dem Ohr! Michael, Aimé und Klaus sind noch nicht 100 % fit, aber es wird! Brita traut sich auch wieder weiter weg vom “Töpfchen”. Alles wird gut! Herrlich um 7.00 h auf der Terrasse den Blick auf die Palmen und die gepflegte Gartenanlage zu genießen. Ein kleines Paradies hier. Aber leider müssen wir das Hotel in Kpalimé wechseln. Wir frühstücken lecker. Die Marmelade wird in Schnapsgläsern serviert. Ist trotzdem Aprikosenmarmelade und nicht etwa Aprikosenbrandgelee. Am Nachbartisch sitzen Familien aus Frankreich. Die ersten Raucher in Togo. Es wird sehr wenig geraucht in Togo. Sehr angenehm. Mit weinendem Auge - der Abschied aus dem Hotel Parc Residence fällt schwer - teilen wir uns auf. Die “Neuen” fahren zur Missahöhe, zum deutschen Soldatenfriedhof, zum Wasserfall und zum Ausblick nach Ghana. Salifou hat derweil schon die ersten Koffer zum neuen Hotel gebracht. Ich fahre die Besuchsrunde der Patenkinder mit, da wir auch bei Raymond, dem Patenkind von Birgitta und mir, vorbeifahren.

Wir steigen ins Taxi. Natürlich mit der gerissenen Frontscheibe. Sonst darf man wohl kein Taxi in Togo haben. Am Le Geyser fahren wir die Feldpiste hinein. Mein VW Passat, der immer noch bei Agerto im Einsatz ist, hätte jetzt Schwierigkeiten. Das Taxi schafft es aber tatsächlich uns bis zur etwa 3 km entfernten Hütte im Busch zu fahren. Wie vor 100 Jahren, nur inzwischen mit Strom. Der Brunnen fördert erstaunlich sauberes Wasser. Davor der Kakaobaum mit reichlich Früchten. An der Außenwand des Hauses ist eine Schiefertafel zum Lernen angebracht. Patenkinder Cherifatou und Anita sind fein herausgeputzt da. Auch die Tante Mariama ist da. Sie ist Grundschullehrerin. Die Eltern von Anita sind in Ghana. Die Mutter von Cherifatou ist früh gestorben. Hyacinthe kommt dazu. Er koordiniert die Patenkinder für Togo-Kinder-Zukunftschance. Er spricht perfekt deutsch. Seli übersetzt unsere Fragen und die Antworten. Beide Kinder sind sehr aufgeweckt, ohne Scheu und auf gutem Weg. Anita ist 18 und besucht das College Protestant, dort die 1. Gymnasiumklasse mit 74 Kindern. Sie zeigt uns ihre Schulbücher und liest perfekt in Deutsch vor. Cherifatou ist inzwischen 21, verheiratet mit einem LKW-Fahrer, hat 1 Kind und ist aus der Patenschaft ausgeschieden. Sie steht auf eigenen Beinen und arbeitet nach der erfolgreichen Schneiderlehre inzwischen mit einer Freundin als Schneiderin.

Anita liest vor
Anita liest vor

Wir fahren nach 1,5 Stunden weiter. Das Toyota-Taxi mit schon 750.000 km auf dem Tacho kutschiert uns zum Hotel La Detente. Oh ja. Das ist doch wieder das eher typische Hotelangebot in Togo. “Zweckdienlich eingerichtet” würde bei uns im Prospekt stehen. Nicht Überflüssiges! Der Schrank ist gemauert. Das Bad ist eine “Naßzelle”, Vom WC aus kann man Duschen und Händewaschen, wenn denn eine Klobrille da wäre. Die liegt separat als “Upgrade” an der Seite. Wir holen noch was für die Patenkinder aus den Koffern, trinken schnell was und weiter geht’s. Klaus darf sich derweil weiter auskurieren. Michael kümmert sich um die Kontrolle der Buchführung bei Agerto. Uns ist es wichtig zu wissen was mit unserer Unterstützung passiert. Ich mache mich mit Silvia und Uschi im Taxi auf den Weg in den Busch. Hyacinthe und Seli fahren mit dem Moped.

Als erstes steht der Besuch bei Pascaline auf dem Plan. Sie ist das Patenkind von Beate und Jürgen aus Morenhoven. Sie kümmern sich rührend um ihr Patenkind, was sehr wichtig ist, da der Vater in diesem Jahr an Krebs gestorben ist. Schon letztes Jahr war er sichtlich geschwächt. Wir werden mit frischer Kokosnuss begrüßt. Pascaline ist eine ruhige, zurückhaltende 15jährige. Ihr fehlt der Vater sichtlich. Sie ist mit 41 Kindern bereits in der 12. Klasse des College Protestant und wird nächstes Jahr das Abitur schaffen. Sie ist in allen Fächern gut. Das Schulgeld beträgt 70.000 CFA im Jahr. Dafür werden die Bücher für Mathematik, Physik und Französisch von der Schule gestellt. Englischbücher gibt es nicht. Die drei jüngeren Geschwister Laure (3 Jahre, Kindergarten), Garston (9 Jahre, 5. Klasse) und Levi (12 Jahre, 8. Klasse) sind auch da. Pascaline freut sich sehr über den Brief und das Buch von Beate und Jürgen. Sie bedankt sich bei Beiden für die große Unterstützung. Ihre Mutter ist eine “Powerfrau” und “kämpft” alleine für ihre Kinder. Sie ist auch Schatzmeisterin auf der Togoischen Seite des Vereins Zukunftschance. Sie ist auch in der Landwirtschaftsinitiative von Togo-Kinder-Zukunftschance aktiv. Sie lagert Getreide und verkauft es in der Zeit wo Getreide Mangelware ist. Abschließend erklärt Pascaline schon einen Berufswunsch zu haben. Sie möchte Modedesignerin werden. Hyacinthe wird klären wo das mit welchen Voraussetzungen machbar ist.

Waschtag in Novissi
Waschtag in Novissi

Es geht weiter die Wege durch Novissi. Es war schon vor Jahren schlimm. Schlimmer geht es nicht. So dachten wir. Es geht! Fahren wir über Wege mit Müll oder eine Müllkippe mit Weg? Der Toyota Avensis wird an seine Grenzen gebracht. Wir werden von links nach rechts geschaukelt. Immer wieder setzt der Wagen auf. Solange noch drei Räder den Boden erreichen geht es weiter voran. Da bauen wir für die Bundeswehr Übungsgelände. Da lacht der Togoer drüber! Selbst Motorräder haben Schwierigkeiten nicht in tiefen Furchen auf Ewigkeit zu versinken (denn hier gibt es keine Archäologen). Was einem nicht so alles bei einer asphaltlosen Taxifahrt in Togo durch den Kopf geht - ohne Palmwein!

Raymonds Zuhause
Raymonds Zuhause

Wir kommen - noch ein paar Meter zu Fuß gehend (selbst für den Toyota unüberwindbar) beim Patenkind von Birgitta und mir an. Raymond, 16 Jahre alt, fein angezogen, begrüßt mich als “Papa”. Alle 2 Jahre habe ich ihn und die Familie besucht. Wie sagt man so schön: Er ist aber groß geworden. Ist er auch. Er lebt auf großem Fuß, was in Togo nur wörtlich zu nehmen ist. Nicht sprichwörtlich - das kann hier nämlich niemand im Stadtteil Novissi. Wir werden von der Mama mit Orangen und Bananen empfangen. Banane ist klar. Schale ab. Keine besondere Überraschung. Banane drin. Wie immer. Essen. Lecker. Aber die Orange? Die Orange ist von der Schale getrennt und wie ein Ei oben geköpft. Was nun? Ganz einfach. In die Hand nehmen, beim an den Mund führen kräftig pressen, trinken, die immer weicher werdende Orange weiter kneten und pressen und ganz “austrinken”. Das ist purer Orangensaft in der Frucht “to go”. Ausprobieren! Zurück zu Raymond. Er trägt eine Brille und ist in der 11. Klasse als 1. Klasse für die Ausbildung zum Automechaniker. Er hat gerade angefangen. Die ersten Wochen sind zur Probe. Die dreijährige Ausbildung bringt kein Einkommen, sondern kostet 10.500 CFA = 16,03 €. Raymonds Geschwister sind auch da und bekomnen, wie die Mama, auch ein paar kleine Geschenke. Justine ist 3 und noch sehr verschreckt vor “Jowos”, den Weißen. Gregoar ist 7 und geht in die 2. Klasse. Luci ist schon 15. Der großer Bruder Grepien beendet gerade erfolgreich seine Maurerlehre in Ghana. Raymond bedankt sich für die Geschenke, besonders die neuen Sportschuhe plus Trainingsanzug. Stolz trägt er sofort das Sportdress. Die Mama freut sich ebenfalls  über die Geschenke. Sie arbeitet auch in der Landwirtschaftsinitiative von Togo-Kinder-Zukunftschance. Sie ist im Team Manjok-Mehl und Soja. Trotz interessanter Gespräche und Erfahrungen (Orange!) - wir müssen weiter. In 2 Jahren komme ich hoffentlich wieder.

Raymond mit Mutter und Geschwistern
Raymond mit Mutter und Geschwistern

Der nächste Besuch ist bei Sadate, dem Patenkind von Silvia und Klaus. Wir sind spät dran. Sadate ist derweil auf dem Fußballplatz, naja, eher dem relativ ebenem Feld mit viel Füllmaterial für den gelben Sack, entschwunden. Hyacinthe fängt den Fußballstar mit dem Moped wieder ein. Sadate ist 16, geht in die 10. Klasse und lebt bei der Oma. Leider hat er die Versetzung in die nächste Klasse nicht geschafft. Jetzt ist er still. In der Schule ist er jedoch zuletzt als Störenfried aufgefallen. Das soll sich aber gebessert haben. Silvia verteilt Geschenke, auch gebrauchte, aber top Kindersportschuhe. Einem der Geschwister passt immer ein Paar. Die Oma freut sich über Kajalstift, Spiegel, Duschgel, Nagelfeile und Pillendose. Sadate muss noch der Traum von der Fußballerkarriere aus dem Kopf gehen. Silvia ermutigt ihn zur erfolgreichen Wiederholung der Klasse.
Wir verlassen das muslimisch geprägte Novissi. Es sind weniger Muslime zu sehen als noch vor Jahren. Hat die totale Verschleiherung abgenommen? Wir haben zumindest das Gefühl. Im Stadtteil Kusuntu von Kpalimé besuchen wir noch Eric, der Patenkind der Togohilfe ist und im zweiten Lehrjahr Schreiner lernt. Aus der Ansammlung der Häuser kommen immer mehr Kinder. Eine große Familie. Eric lebt bei der Tante mit 9 Kindern. Seine Mutter war bei der Geburt seiner Schwester gestorben. Ziegen, Hühner, Katzen - alle laufen frei herum. Eric ist ein guter Lehrling. Auch hier in Togo wird im dualem System gelernt. Einmal in der Woche, Freitags, ist in Kpalimé Berufsschule bei CRETFP = Centre Régional D’Enseignement Technique et de la Formation Profeessionnelle. Die Berufsschule wird von Deutschland, u.a. der KFW, unterstützt. In der Berufsschule bei ABCN lernt Eric die Praxis. Wir sind auch von diesem Besuch beeindruckt und fahren zurück in unsere Herberge.

Sadate mit Oma und Geschwistern
Sadate mit Oma und Geschwistern

Nach der kurzen Erfrischung und Dusche sind wir gemeinsam zum Pizzaessen gefahren. Wie schnell es in Togo doch dunkel wird! Der Vollmond strahlt schon um 19.00 h.
Ach ja - Anja. Sehr brav heute. Keine Herzen gebrochen. Dafür mit Ehrerbietung, wie sich das gehört, nachdenklich auf dem deutschen (Soldaten)friedhof auf der Missahöhe.

Tag 7: Freitag, 23. November 2018

Eine abermals unruhige Nacht. Michaels Erkältung ist noch da. Da musste die Klimaanlage besser häufiger aus bleiben, denn der Luftzug und das Schwitzen sind dann nicht so gut. Die Erfahrung einer tropischen Nacht ohne viel Schlaf ist damit auch gemacht. Trotz dem grünen Laken, das ich mit Anja getauscht habe. Ich hatte vorher rot! Brita bleibt lieber erst einmal auf dem schönen Zimmer. Sie möchte das Bad in der Nähe haben. Es grummelt im Bauch. Nichts völlig Ungewöhnliches in Afrika. Geht auch wieder vorbei. Klaus fühlt sich ebenfalls nicht ganz fit. Aber alles nicht dramatisch. Das Klima, das Essen, die Eindrücke müssen auch vom Körper verarbeitet werden. Der Stuhlgang wird auch bei mir von Tag zu Tag “geschmeidiger”. Aber jetzt erst einmal Frühstück und andere Themen. Wir genießen den Blick von der großen Terrasse. Blick auf den Pool, die Palmen, den Garten, die Missahöhe und die umliegenden Erhebungen. Hier im Hotel Parc Residence ist alles in einem sehr gepflegtem Zustand. Klasse! Es geht also. Sogar Armaturen von Grohe und diese fest montiert! Das Frühstück mit Blick zum Pool. Herrlich! Michael trinkt Tee! Dann die traurige Nachricht. Wir können nicht durchgehend hier im Hotel bleiben. Das Hotel ist ab Samstag ausgebucht. Von heute auf morgen können wir bleiben, müssen nur z.T. umziehen bzw. Brita muss mit Uschi und Anja ein Dreibettzimmer beziehen. OK. wenigstens noch eine Nacht hier.

Blick vom Hotel in Kpalimé
Blick vom Hotel in Kpalimé

Leicht dezimiert, aber mit Seli, - Brita und Michael schonen sich vernünftigerweise noch was (vielleicht wären sie mitgefahren, wenn wir am Bus ein Dixiklo drangehangen hätten) - fahren wir um 9.45 h zur Schule “Dr. Gustav Nachtigal”. Die Schule ist benannt nach dem Reichskommissar für Deutsch-Westafrika, dem deutschen Unterzeichner des Schutzvertrages, im Auftrag von Reichskanzler Bismarck. Dort treffen wir erneut eine deutsche Freiwillige von Westwärts, die Wanda aus Heilbronn. Sie unterstützt den Schulleiter und unterrichtet Deutsch, sowie ein wenig Englisch. Zu Beginn stellen die Schüler sich im kleinen Innenhof auf. Uns zur Ehre singen sie die Nationalhymnen Deutschlands und Togos. Das ist immer berührend. Schulleiter Kometsiameo Kossi Felix begrüßt uns und dankt der Togohilfe für die Unterstützung. Fast fertig gestellt ist die wirklich gut gebaute neue Toilettenanlage mit vier WC, einem Waschbecken und einer Dusche. Hier gab es insbesondere Gelder vom Togo-Team des Städtischen Gymnasiums in Rheinbach. Mit dem Bau wurde am 23.7. begonnen. Durch die lange Regenzeit im August und September, sowie Ärger mit den Installateuren (aha - wie bei uns!), verzögerte sich die Fertigstellung. An Arbeitslohn für Schweißer, Installateur, Maler, Fliesenleger, Tischler und Eisenbieger (Felix nannte ihn “Schrotthändler”) sind 1.062.800 CFA = 1.622,60 € angefallen. Incl. der Materialien - Zement, Sand, Kies, Eisen, Wasserversorgung und Transport sind es 2.182.850 CFA = 3332,60 € geworden. Die natureOffice GmbH aus Wiesbaden und das Hardtberg-Gymnasium in Bonn haben den Bau ebenfalls unterstützt. Leider fehlen noch die Dachrinnen am Schulgebäude. Immer noch plätschert das Wasser die Fassade entlang auf den Hof. Das schadet dem Gebäude und dem Anstrich. Die sachbezogene Spende der Togohilfe vom letzten Jahr hierfür in Höhe von 350.000 CFA = 534,35 € wird noch bis Ende Januar umgesetzt. Zunächst mussten noch Türen für die Klassenräume gekauft werden. Die private “Dr. Gustav Nachtigal-Schule” hat 46 Kinder in der Grundschule, 70 in der Realschule und 4 im Gymnasium. 12 Lehrer, davon 4 in der Grundschule, unterrichten die Schüler, wobei die 1.+2., die 3.+4. und die 5.+6. Klassen der Grundschule gemeinsam beschult werden. Den Abschluss haben zuletzt alle Schüler der Grundschule, aber nur 18 % der Realschule, sowie 50 % des Gymnasiums geschafft. Das lag am langen Lehrerstreik in 2017 und 2018. In den Klassen wird für uns gesungen. Sogar ein Wochentagslied in Deutsch. Süß die Kleinen!

In der Nachtigalschule
In der Nachtigalschule
Toilettenneubau Nachtigalschule
Toilettenneubau Nachtigalschule

Wir fahren weiter zur 2012 in Kpalimé gegründeten Gehörlosengrundschule. Es ist die einzige Schule dieser Art in Togo und wird nur durch einen einheimischen Verein getragen. Der Verein hat 27 Mitglieder - meist die Eltern der Schüler -, die monatlich 500 CFA = 0,76 € zahlen. Im Jahr kommen also keine 250,- € rein. Die 46 Kinder in der 1. bis 6. Klasse werden von 5 Lehrern ehrenamtlich unterrichtet. Der Leiter der Schule, und auch Vereinsvorsitzender, begrüßt uns. Natürlich mit Musik der Trommler und mit Tanz der - gehörlosen - Schüler, aber auch mit Übersetzung durch einen Gebärdendolmetscher. Im Büro des Schulleiters Komi Adzidjonou Woedeme und gleichzeitig Vereinsvorsitzenden hängen die Ebola-Aufklärungsplakate. Der Verein verfolgt aktuell zwei Ziele, die über die Togohilfe von der Stiftung DKD - Deutsche Kinderdirekthilfe aus Meckenheim finanziert wurden. Erstens die allgemeine Aufklärung bzgl. Hörbehinderung. Zweitens die Unterrichtung der Eltern Gehörloser in Gebärdensprache. In Togo sind taube und stumme Kinder von der Gesellschaft ausgegrenzt. Oft leben sie auf der Straße, werden misshandelt und können sich nicht wehren. Der Verein möchte irgendwann die inklusive Beschulung leisten. In der Schule gibt es drei Schwerpunkte: die Schulbildung, dann die Ausbildung bei Agerto und dadurch das eigenständige Leben. Die Schule endet um 15.30 h. Die weiter auswärtigen Schüler werden mit dem Taxi bereits um 14.00 h nach Hause gebracht - auf Kosten des Vereins. Ab und zu gibt es Spenden, u.a. aus Österreich. Eine Realschulausbildung bietet eine 3 km entfernte Partnerschule. 4 Kinder gehen dort hin, obwohl es dort keine Gebärdendolmetscher gibt. Die Kinder hören zu, bekommen es von den Mitschülern irgendwie erklärt und gehören zu den Besten der Realschule. Beeindruckend dieser Willen! Das Patenkinderteam unterhält sich mit Hilfe des Schulleiters mit der taubstummen Lydia, Patenkind der Togohilfe. Sie ist ungefähr 20 bis 22 Jahre alt (es gibt keinen Geburtsschein), wurde mehrfach mißbraucht, hat dadurch 2 Kinder, und ist jetzt in der Ausbildung als Schneiderin bei Agerto. Auf dem großen Freigelände tanzen derweil bei der Trommelmusik die Kinder. Anja und ich werden eingebunden. Schnell haben wir eine Traube von Kindern um uns. Zum Abschluss machen wir noch ein Gruppenfoto. Die Kinder gehen so normal mit einem um, dass mir bei der Aufnahme ein gut gemeintes, aber hier natürlich  deplatziertes, “Spaghettiiiii”entgleitet.

Von der Gehörlosengrundschule, die uns sehr beeindruckt hat, geht es ins nahe Hauptausbildungszentrum von Agerto in Kpalimé. Es ist schon mächtig was los auf dem Gelände. Michael kommt dazu. Brita bleibt doch lieber im Hotel. Wenns schnell gehen muss ist das vertraute Bad doch das Paradies! Am Eingang steht der von der Togohilfe erworbene große Schiffscontainer auf einem Fundament. Er dient als Lager. Zunächst wird traditionell gegessen. Couscous mit scharfer Gemüsesoße und Hähnchen. Wirklich lecker. Der Schulleiter der Gehörlosenschule ist auch da. Wir sind immer noch von der Schule eingenommen. Wir überreichen ihm für ihn selber und die 5 Lehrer 600.000 CFA = 916,03 €, da sie alle ehrenamtlich unterrichten - ohne Lohn. Wenn sich hier die Stiftung DKD - Deutsche Kinderdirekthilfe aus Meckenheim weiter engagiert, dann ist das ein sehr gutes Werk. Hier wird den benachteiligten Kindern wirklich direkt geholfen. Danach traditionell, unter dem “Antreten” der Auszubildenden, die Flaggenparade mit den gesungenen Nationalhymnen. Immer “Gänsehaut”. Anschließend beginnt die Zeremonie zur Diplomübergabe an die Absolventen. Der Lautsprecher dröhnt - jedoch er verzerrt heute nicht. Aber das “Afrika-Sofa” fehlt. Nanu? Dafür die traditionellen Plastikstühle. Die Reden vor der, wie üblich großen Gästeschar, beginnen. Auch der katholische Pfarrer hält eine kurze Andacht. Es wird den Verstorbenen des letzten Jahres gedacht. Ich danke den Eltern für ihre gute Entscheidung die Kinder zur Ausbildung zu Agerto zu schicken und apelliere sie jetzt für das eigenständige Leben zu stärken. Es wird erneut gesungen, getanzt, gerappt und Musik gespielt. Was sind die Togoer doch beweglich und musikalisch. Bei der Überreichung der Diplome an die Schreiner und die Näherinnen jubelt die ganze Festgemeinde. Stolz präsentieren die Absolventen die Diplome. Familienmitglieder überhäufen sie mit Babypuder - aus Freude für die Leistung. Die erfolgreichsten Absolventen erhalten eine Prämie des internationalen Clubs der IHK Bonn-Rhein-Sieg. Anschließend bekommen die Lehrer von der Togohilfe den Anteil aus dem Lehrerfonds - wieder als “Motivationsspende”. Besonders herausgeputzt hat sich die taubstumme Schneiderlehrerin, die die taubstummen Auszubildenden in Gebärdensprache unterrichtet. Eine tolle Frau! Wir versbschieden uns. Anja muss wieder für Selfies herhalten. Aber: Zu jung! Salifou war kurz in der Autowerkstatt, holt uns nach der Feier aber ab. Michael ist schon vor, noch was vorsichtshalber ruhen. Aimé ist zum Arzt. Es ist halt anstrengend mit uns.

Im Hotel schnell der Sprung in den Pool. Herrlich! Tut das gut. Schade, morgen müssen wir in ein anderes Hotel. Hier würden wir gerne bleiben. Zu Abend treffen wir uns auf der Terrasse. Spaghetti, Suppe, Crepes und Reis sind die Favoriten. Ich bleibe mit den Mädels noch was in der lauen Sommernacht auf der Terrasse. Vor allem die Gehörlosenschule lässt uns nicht mehr aus dem Sinn. Ein Freitag Abend im November noch draußen - nur hier möglich. 

Tag 6: Donnerstag, 22. November 2018

Eine unruhige Nacht. Unser Präsident ist malade. Er schnieft und schnieft. Die Nase läuft. Immer wieder ein Niesen. Es sind genug Taschentücher da. Ansonsten werden wir auf dem Fetisch-Markt schon was gegen Michaels Leiden  finden. Nicht dass es eine gefährliche Männergrippe wird. Die Matratze “Sleep Well” macht ihrem Namen keinen Ehre. Brutal hart! Da muss noch die frühere Eingangstür drunter liegen. Gefühlt ohne Schlaf weckt uns der Muezzin um 5.00 h mit seinen Gebeten. Sofort nimmt auch der Verkehrslärm zu. Die Armada der älteren, weiblichen Bediensteten säubert mit den Reisigbesen (hier keine Fortbewegungsmittel) das Hotelaußengelände. Auch ein auffälliges Geräusch. Bald stehen alle in einer Staubwolke. Ab unter die Dusche. Auch mal wieder rasieren. Dann raus. Es ist ein herrlicher Morgen. Blauer Himmel. Nicht so hohe Luftfeuchtigkeit und mit 27 Grad noch erträglich. Anja kommt vom Zimmer. Genau pünktlich um begeistert den Frühlauf der hiesigen Zoll-Soldaten mitzubekommen. Vorne weg 2 gut gebaute Soldaten mit Uniformhose, freiem Oberkörper (Komnentar Anja: lecker!) und jeweils einem Sturmgewehr. Dahinter die singenden Rekruten in T-Shirt und Sporthose. Sie sind auf dem Rückweg zur benachbarten Kaserne. Das Frühstück ist absolut OK. Sogar mit frischem Obst und Omlette. Zwei Mutige haben eines genommen. Der Liftboy ohne Lift verabschiedet sich herzlich von Anja, die wieder fit für neue Abenteuer ist. Ein weiteres gebrochenes Herz bleibt zurück. Schade, dass das Nouvel Hotel Central immer mehr abgewirtschaftet wird. Vor Jahren war es noch eine top Adresse. Es ist halt lange nichts mehr daran getan worden.

Die Koffer wieder auf das Dach des Busses und ab geht es am “Transfertag” nach Kpalimé. Wir fahren von Sokodé, einem der wichtigsten Verwaltungssitze der Deutschen mit noch heute sichtbarer Kolonialarchitektur, über Sotouboua und Blitta zurück auf der Route Nationale 1 nach Atakpamé. Dort wollen wir zu Mittag essen, bevor es auf der Route Nationale 5 über Amlamé nach Kpalimé geht. Auch wieder gut 270 km. Der Bus ist, wie täglich, von Salifou auf Hochglanz geputzt. Auch innen. Auf Salifou kann man sich verlassen. Erst geht es die alte Straße in südliche Richtung. Ab der Péage-Station - wir zahlen für den Bus 400 CFA , das sind 61 Cent - beginnt die neue, gut ausgebaute Strecke. In Blitta wird getankt. Der Naturheiler mit seiner fahrbaren “Apotheke” und deutlichen Bildern bietet seine “Medikamte” für und gegen alles an. Bei uns im Bus sind plötzlich alle gesund! In Blitta gibt es einen Bahnhof, aber keinen Zug mehr. Die 112 km von Atakpamé nach Blitta haben die Franzosen in Verlängerung der deutschen Baumwollinie von Lomé nach Atakpamé gebaut. Nach dem Ende der Kolonialzeit lief die Bahnlinie noch bis Anfang der 70er Jahre. Dann war es heruntergewirtschaftet. An einer jungen Teakplantage steigen wir aus. Aimé erklärt uns, dass erst die Deutschen vor über 100 Jahren, die Teakbäume in Togo eingeführt haben. Diese Bäume sind nach etwa 30 Jahren erntereif. Die Teakbäume aus Sambia schon nach 15 bis 20 Jahren. Die Qualität der “deutschen” Bäume ist aber besser.

Junge Teakholzplantage
Junge Teakholzplantage

Um 12.15 h erreichen wir das Hôtel le Sahélien, unsere Mittagsrast in Atakpamé. Hierhin kommt auch Julie, eines der Patenkinder. Julie ist an der Sichelzellenanemie  erkrankt. Zum Glück konnten wir mit Hilfe von COA helfen. Dann ist aber ihre Mutter Fabienne im April in Kpalimé gestorben. Plötzlich und unerwartet. Sie war erst Kindergärtnerin, bis der Kindergarten geschlossen wurde. Dann arbeitete sie in Kpalimé bei Agerto im Kunsthandwerkladen. Sie war Alleinerziehend. Julie, inzwischen 18, wurde von einer “Tante” in Atakpamé aufgenommen. Wie aus heiterem Himmel tauchte auch wieder der (angebliche) Vater auf. Julie ist in der ersten Gymnasiumklasse, da sie durch ihre häufigen Krankheitskrisen viel Unterricht verpasst hat. In Togo gehen die Schüler 6 Jahre in die Grundschule, dann 4 Jahre in die Realschule und abschließend können sie 3 Jahre ins Gymnasium gehen. Silvia, Uschi und Aimé unterhalten sich zur aktuellen Situation mit Julie, dem Vater und der “Tante”. Es geht um Schule, Gesundheit und Zukunft.

Kaffee
Kaffee

Um 14.30 h setzen wir die Fahrt fort. Noch in Atakpamé sehen wir hunderte von Flughunden durch die Luft schwirren. Unheimlich! Unterwegs zeigen uns Salifou und Aimé ein typisches Yamsfeld. Immer an den Erdaufhäufungen zu erkennen. Yams ist die Wurzel in Togo, die das typische togoische Gericht ausmacht. Oft zu Fufu gestampft oder auch frittiert. Auch eine Kaffeeplantage schauen wir uns an. Wir sind im Hauptanbaugebiet von Kaffee und Kakao in Togo. 3 Sorten Kaffee gibt es in Togo: Arabica, Robusta und Arabusta. Nur eine Rösterei gibt es in Togo. Im Kloster Dani. Sonst geht alles in den Export.

Wasserturm Krankenstation Goudeve
Wasserturm Krankenstation Goudeve

In Goudeve, gut 30 km vor Kpalimé, sehen wir den von der Togohilfe 2014 gesponsorten Wasserturm für die Krankenstation. Vorher mussten die Patienten Wasser mit in die Krankenstation bringen. Jetzt hat auch das Dorf was davon. Die Straße nach Kpalimé ist bestens ausgebaut. Auch was die Schilder und Aufklärungsplakate betrifft.Trotzdem geht es nicht so zügig voran, denn “alle Nase lang” sind quer über die Nationalstraße mächtige “Hubbel” mit draufliegenden Zebrastreifen angelegt. Das bremst bis auf Schrittgeschwindigkeit ab.

Um 17.00 h erreichen wir Kpalimé und etwas außerhalb auf der Nationalstraße 13 Richtung “Missahöhe” unser Hotel “Hotel Parc Residence”. Wow! Ein sehr schönes Hotel. Wir sind gespannt. Wir checken ein, machen uns frisch, Silvia schwimmt im Pool und anschließend treffen wir uns auf der stilvollen Terrasse zum Essen. Die Grillen zirpen!

Hotel Parc Residence Kpalimé
Hotel Parc Residence Kpalimé

Mittwoch, 21. November 2018

Der Wecker klingelt schon um 6.15 h. Wir haben gut geschlafen, die Zimmer und das Bad sind top. Die kleinen, kriechenden Störenfriede liegen alle auf dem Rücken. Scheinbar wird hier gut gesprüht. Um 7.00 h Koffer zum Mercedes-Sprinter. Anschließend Frühstück. Wir sind vom Seemannsheim verwöhnt. Hier im Le Berceau keine Butter, keine Teller, ein wenig Orangenmarmelade, süße Brötchen, heißes Wasser für Nescafé und Teebeutel - aber frische Zitrone und Ananassaft. Anja bleibt auf dem Zimmer. Der Magen grummelt. Liebeskummer? Nein, sie behauptet wohl nur das Essen. Uschi hat derweil alles gut überwunden. Es war halb so schlimm. Nur sensibler Magen.


Um 8.00 h starten wir pünktlich - wir sind ja Deutsche! - weiter Richtung Norden. Es geht zunächst gut 70 km nach Atakpamé, weitere gut 100 km nach Blitta, 30 km nach Sotouboua und gut 50 km nach Sokodé. Dann weiter nördlich und danach die Piste nach Kemini. Messan fährt mit uns mit und berichtet über Agerto, die 60 Lehrlinge in Akpakpakpe und 12 in Kemini und den neuen Ausbildungsberuf Fahrradmechaniker. Er beantwortet alle Fragen. Die Lehrlinge bezahlen für die Ausbildung nicht und müssen auch nicht nach erfolgtem Abschluss noch kostenfrei für Agerto arbeiten, wie es sonst in Togo üblich ist. Die Lehrlinge müssen nur einmalig 50.000 CFA, das sind 76,34 €, für die Berufskleidung zahlen. Gestern zur Feier ist der Präfekt der Region nicht gekommen. Er wollte 50.000 CFA als “Benzingeld” für sein Erscheinen. So ist die Administration in Togo. Eines der Probleme! In Atakpamé werden Bananen und Bananenchips gekauft. Hunderte von durchnumerierten Ständen am Straßenrand bieten Tonnenweise Bananen an. Mit den Erdnüssen, gefüllt in eine alte Whiskyflasche, und den Bananen genießen wir die endlich fertiggestellte, neue Straße ab Atakpamé in den Norden. Was war das früher eine Piste! Stets kamen wir mit vom Staub rotgefärbter Haut in Sokodé an. Jetzt eine Asphaltstraße, sogar mit Straßenschildern, Leitplanken, Zebrastreifen, Markierungen und ohne Schlaglöcher. Wir kommen gut voran. Die Vegetation ist üppig. Alles ist grün. Viele Teakholzplantagen. Überall sind die Äcker bestellt. Am Straßenrand werden die kleinen Okraschoten angeboten. Früher nannte man die Schote in Deutschland Abelmoschus. Um uns herum kleine Erhebungen bis um 500 m. Es ist sonnig und bewölkt. Schnell ist die 30 °C-Marke erreicht. Unterwegs stehen wieder die Schilder die bzgl. Aids aufklären. Aber auch Schilder, die animieren kein Müll aus dem Fahrzeug zu werfen oder das Fahrzeug zu überladen. Auch soll man nicht mit mehr als 2 Personen auf dem Moped sitzen. Irgendwie verstehen es so ziemlich alle genau umgekehrt. Salifou scheint der Cousin von Lewis Hamilton zu sein. Die Geschwindigkeitsschilder werden einfach verdoppelt. Irgendwann reißt er sich am Straßenrand einen Schutzlappen vorne rechts hinter dem Rad ab. Der Reifen hat auch einen Riss. Also um 11.15 h Pause in der Auberge “Le Verger” - der Obstgarten - bei Sotouboua. Salifou wechselt den Reifen. Wir erfrischen uns unter dem Mangobaum. Um 12.00 h sitzen wir wieder im Bus. Der Schutzlappen ist auch wieder an Bord. Ein Motorradfahrer hat ihn am Straßenrand aufgegabelt. Salifou wird ihn wieder dranbasteln - bis er erneut abgefahren wird.

Reifenwechsel auf em Weg nach Kemini
Reifenwechsel auf em Weg nach Kemini

Wir kommen auf die alte Straße, denn die Ausbaustrecke ist vorbei. Schade! Es rumpelt und wackelt. Aber im Sprinter ist es angenehmer als früher im Toyota mit den Holzbänken. Nur vom daran denken tut einem der Allerwerteste weh. Gut, dass der neue Reifen drauf ist, naja der gut gebrauchte Reifen jetzt vorne rechts mitfährt. Unser Präsident sitzt genau drüber! Es ist Mittag. Die Schulkinder gehen am Straßenrand nach Hause. Oft viele Kilometer. Vor Sokodé betraut Salifou den Reifenhändler seines Vertrauens (nicht unseres Vertrauens) mit der Reparatur des gewechselten Reifens. Am Straßenrand in einfachen Hütten sind alle paar Meter “Reifenreparateure” anzutreffen. 37 km hinter Sokodé bei Aléhéride biegen wir von der holprigen Hauptstraße ab auf eine rote Sand- und Steinpiste in das 7 km entfernte Kemini. Nur wenige Kilometer weiter beginnt Benin.

Herzlicher Empfang in Kemini
Herzlicher Empfang in Kemini

Im kleinsten Agerto-Ausbildungstentrum werden wir auf das Herzlichste begrüßt. Unzählige Hände werden geschüttelt. Es ist auch hier, dank der Mülleimer, so sauber wie gestern in Akpakpakpe. Messan hat galt deutsche Wurzeln. Zunächst werden wir mit den “Offiziellen” zum Essen gebeten. Wir sitzen im Klassenraum der Auszubildenden. An der Schiefertafel ist u.a. die Deutsche Nationalhymne aufgeschrieben. Es gibt Reis, Bohnen, Sauce und Rindfleisch. Dazu - wir sind in einem hauptsächlich von Muslimen bewohntem Ort - Wasser, Cola oder Limo. Anja und der hiesige Polizeichef grüßen einander militärisch. Mehr nicht! Erst später fragt er nach der Handynummer! Draußen beginnen die Trommler mit der Zeremonie. Es gibt einem Empfang mit Ansprachen. Alles zu unseren Ehren. Wir werden unter das Palmdach platziert. Diesmal auf dem berühmten Sofa. Auch die Lautsprecherbox hat Kemini bereits vor uns erreicht. Zum Luft zufächern bekomnen wir Palmwedel gereicht. Nach dem Gebet des Imam redet der Kantonchef. Er bedankt sich für die Unterstützung in Kemini durch die Togohilfe und den jährlichen Besuch. Es sei wichtig in Gesundheit und Bildung zu investieren, die Jugendlichen auf dem Land zu halten und Ihnen eine Ausbildungsmöglichkeit zu bieten. Das verhindert die Landflucht in die Stadt oder ungelernt ins Ausland. Natürlich äußert er auch Wünsche. Insbesondere liegt ihm die Ausstattung der EDV-Ausbildungsräume mit entsprechender Technik am Herzen. Die Stromleitung nach Kemini haben wir schon errichten lassen. Aber auch die Wekstätten der Maurer und Schreiner benötigen noch weitere Ausstattung. Messan unterstreicht diese Bitten und schlägt auch den Aufbau einer Imkerei vor. Das ganze ist sogar schon verschriftlicht mit Kostenvoranschlägen versehen. Wir werden das beraten. Die Reden werden von Tänzen und Musik der Trommler und Flörenspieler eingerahmt. Mit was für einen Stolz werden die traditionellen Tänze vorgeführt!

3 Tänzerinnen in Kemeni
3 Tänzerinnen in Kemeni

Die Kinder am Rand wippen mit den Hüften mit. Als Dank erhalten die Tänzerinnen und Tänzer, aber auch die Musiker kleine Geldstücke an die Stirn geklebt. Durch den Schweiß halten die leichten Blechmünzen à 100 CFA. Oder es gibt kleine Bonbons. Wir überreichen, wie gestern, ein “Motivationsgeld” an die Lehrerinnen und Lehrer. In allen drei Ausbildungszentren Kpalimé, Akpakpakpe und Kemimi werden es zusammen 2.300 € aus den Spenden in den Lehrerfonds sein. Zum Schluss müssen auch wir “Weißen” zur traditionellen Musik der Trommler und Flötenspieler tanzen. Ein riesiger Spaß für die laut jubelnden Einheimischen. Ja, unsere Bewegungen sind nicht so rund und grazil. Danach gehört der Jugend die “Showbühne”. Selbst die Allerkleinsten machen mit. Was besonders schönn ist: Christen, Moslems und an Naturreligionen Glaubende friedlich Hand in Hand. Nach genauso herzlichem “Adieu” nehmen wir um 16.00 h den “Masagewagen” zurück nach Sokodé. Das Erlebte wird eifrig diskutiert. Es sind immer sehr emotionale Momente bei den Feiern. Die Bilder bleiben im Kopf. Mit wie wenig man doch helfen kann, wenn man direkt vor Ort tätig wird.

Um 17.00 h erreichen wir unser Nouveau Hotel Central. Ein Hotel nicht unbedingt der mittleren Qualität. Aber auch nicht drüber. Die Auswahl ist halt hier begrenzt. Jedes Zimmer hat irgendwelche Makel. Aber zusammen kommen wir schon zurecht. Mit uns kommt auch Roswitha Weber von Togo-Kinder-Zukunftschance mit 2 Freundinnen im Hotel an. Sie kommen aus Kpalimé und wollen Richtung Norden. Wir bekommen den wertvollen Tipp, dass unser eigentlich gebuchtes Hotel “Le Geyser” mit der Dependance “Chez Therese” Wasserprobleme hat, da dort gerade eine Tiefenbohrung stattfindet. OK - wir planen um für morgen. Ein neues Hotel für Kpalimé wird vorreserviert. Nach der Dusche treffen wir uns zum Essen. Dorade, Spaghetti, Nudeln, Gemüse, Erdnusssoße, Obst und Brot stehen auf dem Tisch. Natürlich gibt es auch hier einen Getränkepavillon im Hotelgarten. Jetzt nach dem staubigen Tag das Richtige.

Tag 5: Dienstag, 20. November 2018

Mit einem freundlichen “Guten Morgen Du kleiner Schnarchbär” beginnt um 6.30 h der Tag. Das ist doch nett! Michael hätte ja auch “dicker Schnarchbär” sagen können. Auf, auf - Duschen und dann Koffer packen. Mit Mühe geht alles wieder rein. Um 7.30 h Koffer zum Fahrzeug. Salifou hat die Aufgabe alles auf dem Dachgepäckträger des Busses zu platzieren und “Schlaglochfest”, sowie Staubfrei zu sichern. Wir frühstücken derweil in gewohnter Weise. Heute gibt es zusätzlich noch frische Orange. Um 8.30 h heißt es aufsitzen. Schnell noch getankt. 1 Liter Diesel kostet 550 CFA, das sind 84 Cent. Für hiesige Verhältnisse sehr teuer. Daher tanken viele Togoer “schwarz”. Überall am Straßenrand wird aus Nigeria geschmuggeltes Benzin anfeboten. Oft nur in gebrauchten Plastikflaschen und Speiseölkanistern. Vorbei an der Heidelberg-Zement-Fabrik fahren wir nach Norden über Tsévié nach Notsé. Zement ist in Togo sehr wertvoll. Heidelberg-Zement hat 3 Fabriken in Togo. Mal nicht nur die Chinesen. Auf einer der letzten Reisen hatten wir das Werk in Lomé, ISO-Zertifiziert, besichtigt. Eine andere Welt auf einmal. Am Sumpfgebiet mit den Reisfeldern von Lomé fahren wir vorbei. Am Straßenrand bietet ein Togoer einen kleinen Aligator an, den er wild zappelnd über den Kopf hält. Wir haben momentan kein Bedarf. Es fällt die unglaubliche Vermüllung am Straßenrand auf. Müll, Müll, Müll - vor allem Plastik. Ab und zu wird der Müll verbrannt. Sonst liegt es in den Mulden. Eine funktionierende Müllabfuhr gibt es in Togo nicht mehr. Sie ist an der Korruption zu Grunde gegangen. Das wird ein großes Problem werden, wenn es nicht schon eines ist. Und dann die krassen Unterschiede. Wir fahren an einer riesigen Müllkippe vorbei, Menschen suchen dort nach noch Brauchbarem. Daneben dann der Golfclub von Lomé. Danach wieder Slums. Das ist schon heftig! Nach der Zahlstation für die Straßennutzung erreichen wir Tsévié. Die Schlaglöcher gibt es gratis dazu. Es wird immer grüner. Die Vegetation ist üppig. Jetzt nimmt auch der Autoverkehr ab. Dafür fahren die LKWs aus dem Hafen von Lomé kommend im Konvoi Richtung Norden. Sie sind immer hoffnungslos überladen. Bis in den Norden Togos, nach Burkina Faso, Niger oder Mali ist es noch ein langer Weg! Es rumpelt kräftig auf der Straße. Hoffentlich hält es der diesmal sensible Magen und noch empfindlichere Darm von Uschi ohne Maleur aus. An Teakbäumen, Bananen, Baumwolle, Palmen, Hirse, Yamshügel und vielen Holzkohleverkaufsständen (die aus Teakholz riecht besonders gut) vorbei geht es zügig voran. Ein Schlagloch verschluckt eine Radkappe vom Bus. Mercedes ist auch nicht mehr das was es mal war! Um 10.30 h kommen wir im Hotel Le Berceau bei Notsé an. Von außen macht es immer noch einen guten Eindruck. Wir werden ins Nebenhaus einquartiert. Die Zimmer dort sind deutlich besser als die vor 2 Jahren im Haupthaus. Eine von der Hanns-Seisel-Stiftung unterstützte Veranstaltung unter der Schirmherrschaft des Präsidenten tagt heute im Hotel. Es geht um die Schulung der Sicherheitskräfte des Landes zur sicheren und korrekten Durchführung der anstehenden Wahlen.

Um 11.00 h geht es weiter. Uschi bleibt vorsichtshalber im Hotel. Es rumort im Darm! Das wird ihr nicht nur im Darm weh tun. Wir fahren zu dem von uns unterstützten Ausbildungszentrum Agerto (Association Germanho Togolaise) nach Akpakpakpe. Nach 15 Minuten verlassen wir die Hauptstraße und biegen auf eine Feldpiste ab. Für die 12 km benötigen wir knapp 45 Minuten. Die Strecke ist besser geworden. In Akpakpakpe, gerade Kanton geworden, werden wir mit Freude empfangen. Es sind ärmliche, einfache Verhältnisse. Die Steinbauten im Ausbildungszentrum sind von der Togohilfe finanziert worden. Drei Familien haben seinerzeit Agerto die Flächen übertragen. Inzwischen stehen die Ausbildungsstätten, die Toilettenanlage, das Häuschen für die Maismühle, die Schlafräume für die Lehrlinge, zwei Aufenthaltsräume, die Regenwasserauffangbehäter und jetzt neu die 70 Meter tiefe Wasserbohrung mit Solarpumpe und Wasserturm. Ausgebildet werden Schneiderinnen, Schreiner und Schmied. Alles kostenlos, damit es sich die Jugendlichen leisten können. Aufgenommen werden die Ärmsten der Armen, die auch von weiter her kommen (daher die Schlafräume um nicht täglich im Dunkeln den kilometerlangen Weg gehen zu müssen).

Die Maismühle
Die Maismühle
Der Schmied bei Agerto
Der Schmied bei Agerto

Wir werden zunächst zur Flaggenparade mit dem Absingen der deutschen Nationalhymne gebeten. Das hat Tradition. Anschließend wird gegessen. Wir sitzen im Rondell, den mein Lionsclub Bonn-Rhenobacum gespendet hat. Es gibt Spaghetti, scharf mit Hühnchen und Yams frittiert. Zum Nachtisch Obst. Mit dabei fast alle Honorationen des Ortes und der Region. Der Dorfälteste in festlicher Tracht, der Vorsitzende des Stadtrates und stellvertretende Präfekt, Messan, der Gesamtchef und Gründer der drei Agerto-Ausbildungszentren, Edmond, der Leiter von Agerto, der katholische Pfarrer, der Chef der Gendarmerie in Notsé, u.v.m.. Leider musste der Deutsche Botschafter absagen, da wichtige Termine dazwischen kamen. Wir treffen auch Raffal, den deutschen Freiwilligen bei Agerto in Kpalimé. Er kommt aus Hamburg, hat gerade Abitur gemacht und bleibt bis Juli bei Agerto zur Unterstützung. Die Festansprachen erleben wir auf Plastikstühlen unter dem Palmdach. Wir müssen diesmal nicht auf dem arg durchgesessenen Sofa sitzen, das uns die letzten Jahre immer bei den Feiern durch den Busch in Togo verfolgt hat. Aber die ausgelutschten, überdrehten Lautsprecher mit viel zu lauter Musik und verzerrter Stimme aus dem Mikrofon sind noch da. Es reden die Honorationen - so wie bei uns auch. Der Dank ist groß und die Hoffnung auf weitere Unterstützung auch. Hier sollte man sich immer zurückhalten, da jede Andeutung in Togo als Zusage verstanden wird. Der stellvertretende Präfekt ermahnt die Jugend alles für die eigene Bildung, die Lehre und den Beruf zu tun.

Erfolgtreiche Absolventinnen
Erfolgtreiche Absolventinnen

Die weiblichen Lehrlinge tanzen in ihren feinen Kleidern für uns ihren traditionellen Tanz. Anschließend zeichnen wir zwei Absolventinnen, beide in Festgarderobe, mit der Aushändigung des Diploms aus. Sie sind sehr gerührt. Sie dürfen das auch sein, da dies Absolventinnen sind, die nur durch Agerto und der Togohilfe - und damit der kostenfreien Ausbildung - eine Ausbildung beginnen und abschließen konnten. Wir überreichen den Absolventinnen und den Lehrern jeweils einen Geldbetrag der Togohilfe. Die Lehrer verdienen bei Agerto deutlich weniger als im staatlichen Ausbildungszentrum.

Einweihung Wasserturm
Einweihung Wasserturm

Nach den Auszeichnungen weihen wir unser neuestes Projekt ein. Die Tiefenbohrung auf 70 Meter mit Solarpumstation und Wasserbunker. Michael gibt unter starkem Jubel und Freudentänzen der Kinder das erste Wasser frei. Sofort werden Schüsseln gefüllt und es wird ausgiebig getrunken. Die langen Wege zur nächsten Wasserquelle fallen nun weg.

Wasserturm
Wasserturm

Danach werden anlässlich 120 Jahre Optik Firmenich, so wie auch in Rheinbach, hier in Akpakpakpe 12 Bäune gepflanzt. Es sind die 12 einheimischen Pflanzen aus dem COA von gestern, die uns heute früh noch ins Seemannsheim gebracht wurden. Michaels Firma hat dies finanziert. Natürlich schauen wir uns auch den von Freunden der Togohilfe finanzierten, älteren Land Rover für Agerto an. Er ist per Schiff heil von Deutschland hier angekommen und leistet auf den Straßen wertvolle Arbeit. Ach ja Anja. Ach ja Anja. Neue Region - neue Verehrer. Einmal ein sichtlich gut gebauter Jüngling und einmal der Polizeichef. Beide suchen auffällig die Nähe. Es bleibt aber beim gemeinsamen Foto. Fortsetzung folgt bestimmt.

Gegen 15.30 h geht es zurück. Natürlich ist auch hier die Verabschiedung herzlich. Überall winkende Hände und ein aurevoir! Unterwegs auf der Piste begegnen wir Rindern und halten bei einer Baumwollplantage an. So erkennt man die Mühen der Baumwollzucht und -Ernte. Ein paar Bananen werden auch noch gekauft. Die sind hier klein, aber sehr lecker.

Zurück im Hotel begrüßt uns Uschi. Sie sieht schon was besser aus. Im “Le Berceau” organisieren wir noch die Handtücher und Bettlaken, die z.T. fehlten. Auch das Abendessen - es gibt nur Fisch - wird vorbestellt, denn wir kennen das Hotel. Es dauert sonst etwas länger wie üblich. Nach kurzer Pause treffen wir uns zum Abendessen. Es kommt schlimmer als gedacht. Nur 3 von 7 Bestellungen sind auf Anhieb richtig. Naja. Wir sind in Afrika. An der Bar im Freien genießen wir bei einem kühlen Getränk den warmen Abend.

Tag 4: Montag, 19. November 2018

Montag! Also nach der noch erfrischenden Dusche raus an den Pavillon. Der Pool wird vom Hausmeister gereinigt. Der Montag meldet sich mit viel Verkehrslärm. Trotzdem ist es ein Genuss bei bereits 26 °C draußen mit frischem Obst zu frühstücken. Michael hatte gestern noch die Augenprüfung bei Salifou, unserem Fahrer, und Aimé, unserem Koordinator, durchgeführt. Jetzt kann Salifou noch früher in den Straßen die Schlaglöcher, die wie Krater aussehen, erkennen! Das sollte sich heute noch auszahlen!

Augenprüfung
Augenprüfung

Nach dem Frühstück starten wir zur Deutschen Botschaft in Lomé. Sie liegt an der Strandpromenade “Boulevard de la Republique” kurz vor der Grenze zu Ghana. Wir hinterlegen dort immer unsere Passkopien mit dem Visa, aber auch Kopien des Impfpasses. Sicher ist sicher. An der Eingangspforte herrscht betriebsame Hektik. Wir sollen zunächst unsere Taschen abgeben. Darin sind aber auch Geschenke für die Botschaft. Geht also nicht. Die Handys müssen aber ins Schließfach. Die letzten Jahre mussten sie auf den Tisch beim Wachmann gelegt werden. Der Botschafter Christoph Sander ist leider kurzfristig verhindert. Uns empfängt daher Frau Dr. Domenica Preysing, Stellvertreterin des Botschafters und zuständig für zivilgesellschaftliche Kooperationen. Sie ist seit einem knappen Jahr in der Botschaft und Nachfolgerin von Herrn Teck. Mit dabei ist auch Frau Judith Hollis, die dritte Stellvertreterin. Beide nehmen sich Zeit für uns, sind über die Togohilfe Rheinbach vorinformiert und erzählen uns von der derzeitigen Lage in Togo. Es ist durchaus eine angespannte Lage, daher auch die genauen Kontrollen an der Eingangspforte. Seit Sommer 2017 gibt es Demonstrationen der Opposition. Es geht insbesondere um die Machtbegrenzung und Amtszeit des Präsidenten. Der Präsident Faure Gnassingbe ist gewählt bis 2020. Durch Vermittlung der Westafrikanischen Gemeinschaft CDAO soll der Konflikt befriedet werden. Es geht aber auch um die Neubesetzung der Wahlkommission, die Freilassung politischer Gefangener und die Reform des Verfassungsgerichtes. Die G5 mit Deutschland, Frankreich, der EU, der UN und den USA unterstützen den Prozess. Nun soll es am 20. Dezember zu Parlamentswahlen kommen. Die Wahl ist, trotz Ablauf der jetzigen Legislaturperiode im Sommer, immer wieder verlegt worden. Außerdem finden seit 30 Jahren erstmalig wieder Kommunalwahlen statt. So richtige Kommunalwahlen waren das damals aber auch nicht. Der Regierungspartei steht erstmals eine Koalition aus 14 Oppositionsparteien gegenüber. 3 Millionen Wähler haben sich bereits registriert. Ohne eine solche Registrierung ist eine Teilnahme an den Wahlen ausgeschlossen. Außerdem bekommt man so eine Identitätsbescheinigung mit Lichtbild und Fingerabdruck, was sonst sehr teuer ist. Diese ID-Karte ist die Alternative zum kostenpflichtigen Ausweis. Erfreut zeigt sich die Botschaft, dass die Mittel zur Entwicklungs-zusammenarbeit gestiegen sind. Auch die Berufsausbildungsförderung, gerade bei Jugendlichen, ist in Togo mit Hilfe aus Deutschland im Aufbau. Unser Vorsitzender Michael hat da auch schon geholfen. Zum Abschluss des herzlichen Kurzbesuches stellen wir uns im Garten der Botschaft zum Gruppenfoto auf. Wir sind nicht nur von dem akuraten Rasen im Botschaftsgarten begeistert! Den Gärtner stelle ich gerne ein. Aber er wird hier bestimmt nicht den deutschen Mindestlohn bekommen.

Deutsche Botschaft Lomé
Deutsche Botschaft Lomé

Es geht weiter zum COA, dem Centre Omnitherapeutique Africain, ein Institut von Frau Dr. Gudrun Aba Eklu, Ärztin aus Deutschland und ihrem Mann Dr. Tuscain Aba Eklu. Die Fahrt dorthin war zum Schluss mehr ein Ritt. Wo der Bus überall noch durchkommt. Unglaublich! Michael stellt uns in dem kleinen, aber klimatisierten, Sitzungsraum vor. Das Hauptanliegen der kleinen Hochschule mit 38 Studenten ist es für mehr Gesundheitsbewußtsein in Togo, insbesondere durch die Nutzung und den Erhalt der einheimischen Heilpflanzen, zu sorgen. Eine Kooperation besteht u.a. mit den Universitäten in Bamberg und Duisburg. Wir überlegen ob die Stiftung Evolution, deren Vorstand ich bin, eine Ausarbeitung z.B. zum Thema “Nachhaltige Entwicklung von Gesundheit und Umwelt in der Gesellschaft von Togo” fördern könnte. Auch die Unterstützung der internationalen Fachmesse für Bioökonomie und traditionellem Wissen kommt grundsätzlich in Betracht. Aber vielleicht auch eine Verbindung zum Rheinbacher Campus Klein-Altendorf der Bonner Universität, zumal dort gerade auch zu Heilpflanzen geforscht und gelehrt wird. Die Studenten können u.a. den Bachelor-Abschluss als Bioingenieur für Medizin und Umwelt erreichen. Besonders die Heilpflanzen, der Anbau und der Umgang mit den Heilpflanzen stehen dabei im Focus. Auch in Togo werden die Heilpflanzen teurer und drohen teilweise auszusterben. Daher hat das Institut in Togo zwei große Flächen für den naturnahen Heilpflanzenanbau erworben. 44 ha in der Region Dani und 7 ha in der Region Kara, jeweils mit unterschiedlichen klimatischen Bedingungen. So soll auch der Bio-Piraterie durch die Ausbeutung der Heilpflanzen durch Dritte, insbesondere China, vorgebeugt werden. Aber auch Pharmazeutische Wissenschaften bietet COA an. Das Studium vermittelt zusätzlich wie einheimische Heilpflanzen für die Medizin zu nutzen sind. Der dritte Studiengang ist “Gemischte Medizin”, der moderne Medizin, Ethnomedizin, Ethnobotanik und traditionelle Medizin vereint. Zum Hochschulteam gehört daher auch ein Anthropologe. COA führt auch Nährstoffuntersuchungen von Pflanzen in verschiedenen Regionen Togos durch. Dies soll zu mehr Ernährungssicherheit und Vielfalt in der Ernährung in Togo führen. Leider werden in der Landwirtschaft in Togo immer mehr Pestizide, auch in zu hoher Konzentration, eingesetzt. Dr. Tuscain Aba Eklu bringt es auf den Punkt: “Wir leben auf einem Planeten - vergesst das nicht! Wir müssen überall, in Deutschland und in Togo, mit unserer einen Erde vernünftig umgehen!” Wir hinterlassen gerne eine Spende und werden zu einem Mittagsimbiss mit Yams, Kochbanane, Sauce, Kokosmilch und Palmwein eingeladen. COA hat ein eigenes, kleines Restaurant mit Bioprodukten. Lecker! Zwischendurch hatte es für 30 Minuten wie unter der Dusche geregnet. Jetzt ist schon wieder alles vorbei. Wir springen über die Pfützen. Nach 2 wirklich hochinteressanten Stunden bei unglaublich engagierten Menschen, machen wir uns wieder auf dem Weg.

Salifou muss jeweils abschätzen wie tief wohl die Pfützen sind. Manche Straßenabschnitte sind eine riesige braune Wasserfläche. Es geht zum Dorf von Aimé nach Madjikpeto. Wir kommen nach gut 30 Minuten so langsam in das wirklich noch sehr arme Togo. Hier leben die meisten Menschen noch in ärmlichsten Verhältnissen. Wir besuchen den traditionellen Chef von Madjikpeto. Er ist auch für das örtliche Gerichtswesen zuständig. Der Versammlungssaal ist mit den Togokalendern von Silvia und Klaus seit 2013 bestückt. Er freut sich über unseren Besuch und hofft auf weitere Unterstützung.

Wir fahren mit ihm zur Mietwohnung von Aimé und Françoise. Ihr frisch gebautes Haus mussten die zwei aufgeben, da genau durch das Haus die neue Straße von Benin nach Ghana gebaut wird. Anschließend fahren wir über gerade noch als Pisten zu erkennende Wege zum Rohbau von Aimé und Françoise. Wow! 500 qm Grundstück und 250 qm Grundfläche zählt das neue Haus. Das wird ein nettes Anwesen! Voller Stolz zeigen die Zwei uns ihr neues Domizil. Im Januar soll in den ersten Raum eingezogen werden. Mutig! Ach nein, es sind ja nicht die deutschen Handwerker am Werk! In einem Raum wird gerade Fufu gestampft. Françoise hat uns zum Mittag eingeladen. Es gibt Spinat, Fufu, Huhn, Erdnusssoße, Reis, Hirsebrei, Fruchtsalat, Ananas- und Orangensaft und mehr. Auch hier sehr, sehr lecker. Quasi das Rohbaufest im Busch. Zusätzlich überrascht Françoise unsere Damen mit den fertiggestellten Kleidern. Samstag ausgemessen. Sonntag geschneidert. Montag übereicht. Da sage noch einmal einer etwas über Afrika und Entschleunigung!

Beim Dorfchef in Madjikpeto
Beim Dorfchef in Madjikpeto

Gut gestärkt folgt der letzte Programmpunkt von heute. Wir fahren zum Kindergarten und zur Schule in Madjipekto. Die Togohilfe hat dort schon ein Schulgebäude errichtet. Nun folgt der gemauerte Kindergarten. Wir werden mit lautem “Tam-Tam” begrüßt. Die Kinder in ihrer Schulkleidung laufen auf uns zu und freuen sich uns zu sehen. Es wird gelacht, gewunken und um uns herum getanzt. Einfach toll. Wir besuchen diesmal die Kindergartenklassen. Waren es 2014 nur 32 Kinder im Kindergarten, sind es jetzt 185. 5 Erzieherinnen, vom Staat bezahlt, kümmern sich um die goldigen Kinderchen. Einfach süüüüsss! Die Kinder werden in einfachsten Hütten und auch draußen unterrichtet. Einige Kinder schliefen erschöpft, auch weil der Weg zum Kindergarten oft viele Kilometer beträgt. Die Kinder singen und tanzen für uns. Was ist das schön! Es kommen einem fast die Tränen vor Rührung. Wirklich ergreifend.

Einige Kinder schliefen erschöpft, auch weil der Weg zum Kindergarten oft viele Kilometer beträgt. Die Kinder singen und tanzen für uns. Was ist das schön! Es kommen einem fast die Tränen vor Rührung. Wirklich ergrefend. Anschließend wird uns eine kleine Erfrischung geboten. Schade, dass auch hier schon die Aludosen Einzug gehalten haben.

Nach der Besichtigung der Neubaufläche für den Kindergarten, die gerade (brand)gerodet wird, geht es auf den Fussballplatz. Wir erkennen ihn nur an den beiden Toren, naja Torstangen. Ansonsten ist es mehr ein staubiger Acker mit Restfetzen von Grün und beginnender Vermüllung. Wir haben Trikots vom Fußballverein Mittelrhein dabei. 3 komplette Sätze. Alle andersfarbig. Schnell sind zwei Mannschaften ausgestattet und das kurze Match beginnt. Jeweils 2 oder 3 Spieler haben sogar Fußballschuhe an. Die anderen spielen in Socken oder barfuß. Der Torwart schlägt barfuß über 3/4 des Platzes den Ball in den gegnerischen Torraum. Respekt! Wir müssen ihn für Jogi gewinnen. Togo und Deutsch ist ja nicht so weit weg. Uns tun beim Zusehen die Füße weh. Die Ballkünstler haben keine Probleme mit dem holprigen Platz. Das kurze Spiel endet 1:0. Mehr Glück hatten die Verkehrsteilnehmer auf der Straße, denn mancher Ball ging deutlich über das Tor. Motorradfahrer und Frauen mit Schüsseln auf dem Kopf konnten gerade noch ausweichen. Anja müssen wir von ihren jungen Fans trennen. Hier ein Selfie, dort ein Selfie! Wird Sie dem Schwarm von gestern schon Untreu? Ich werde berichten! Anschließend werden wir herzlich verabschiedet.

Über die neue, zum Teil noch nicht asphaltierte, Straße fahren wur zurück nach Lomé. Pater Jean, den wir von den Steyler Missionaren in St. Augustin kennen, besucht uns im Seemannsheim. Er ist immer noch umtriebig und kennt tatsächlich Gott und die Welt.
Unser Tag endet wieder beim Abendessen im Alt München. Nicht nur Fisch steht hoch im Kurs! Ein elebnisreicher Tag geht zu Ende. Mir tut mein Tippfinger weh! ;-)

Tag 3: Sonntag, 18. November 2018

Eine Nacht mit angenehmer Temperatur im Zimmer. Die Klimaanlage ist repariert worden. Solche Handwerker bei uns wäre der Hit. Michael hat die Nacht ab und zu die Anlage angestellt. So konnten wir auch mal das Zudecklaken nutzen. Mücken haben uns im Zimmer bisher nicht geärgert. Es ist überhaupt wenig Ungeziefer zu sehen. Das Seemannsheim achtet sehr auf Sauberkeit. Kaum dran gedacht holte Michael mich zur Dusche. Eine Kakerlake fühlte sich, nachdem ich dort raus war, wohl. Nicht mehr lange! Todesmutig mit den Badelatschen in den Kakalakenhimmel!

 

Nach dem Frühstück, mit Gottesdienstmusik aus der benachbarten Kirche, teilten wir uns wieder auf. Silvia, Uschi und Klaus fahren mit dem Taxi zu einigen Patenkinder, die nicht ins Seemannsheim kommen können. Weitere Patenkinder kommen ins Seemannsheim. Wir anderen sind unterwegs in den Osten in Richtung Benin. Der Togo-See und Togoville stehen auf dem Programm.

Im Außenbezirk von Lomé besuchen wir das Deutsch-Togoische Freundschaftsdenkmal. Zwei Frauen - schwarz und weiß. Geschaffen vom dem in Togo berühmten Künstler Paul Ahyi. Es wurde zum 100. Jahrestag des Deutsch-Togoischen Schutzvertrages von 1884 eingeweiht. Franz-Josef-Strauß war mit dabei.

 

Die Erosion ist weiter vorangeschritten. Traumhafter Strand, aber die erste Häuserreihe (naja Hüttenreihe) ist schon wieder im Meer versunken. Der Staat legt aber bereits im Meer Steinblockaden hin. Man hat gelernt!

 

Wir fahren weiter Richtung Grenze nach Benin. Die Straße ist in richtig gutem Zustand. Und leer! Kaum Mopeds aus China. Heute am Sonntag sind alle brav erst einmal in der Kirche. Nach wenigen Kilometern sind wir in Agbodrafo, unter portugiesischer Zeit Porto Séguro genannt. Dort besichtigen wir das “Maison des Enclaves”, das Sklavenhaus “La Kome”. Das Sklavenhaus wurde von 1830 bis 1852 für das Einferchen von Sklaven für Amerika genutzt. In 1,50 m großen Verschlägen warteten die Sklaven auf die Händler und die Verschiffung. Eine grausame Zeit, die zeigt wozu Menschen immer wieder fähig sind. 1852 schaffte Königin Victoria den Sklavenhandel ab. Früher lag das Sklavenhaus, wie unser Führer Edmund erklärt, 1,5 km vom Meer entfernt versteckt im Busch. Heute sind es keine 300 m. Das Meer frisst sich ins Land.

Sklavenhaus
Sklavenhaus

An der Uferstraße - besser Sandpiste mit Asphaltresten - fahren wir weiter Richtung Osten. Die Dorfbewohner ziehen am weißen Sandstrand die Fischernetze an Land. Malerisch mit den Palmen, dem Meer und den bunten Holzbooten. Der Restasphalt der Straße dient für das Trocknen der kleinen Fische. Unmittelbar am Meer liegt auch das ehemalige Krankenhaus “Kutschenritter” von Dr. August Wicke, der von 1888 bis 1899 als Oberstabsarzt erster Regimentsarzt von Togo war. Es war in seiner Zeit das berühmteste Krankenhaus Westafrikas, bis die Franzosen dort nach 1914 ihr Regiment einquartierten. Ein Denkmal erinnert an den segensreichen Arzt. Heute ist das Zeugnis des deutschen Kolonialbaus eine Schule. Leider konnten wir nicht hinein, da dort zur Zeit die Volkszählung zur Vorbereitung auf die Wählerlisten der Kommunalwahl in Togo stattfindet. Die Wahl soll im Dezember durchgeführt werden - vielleicht, denn auch die letzten Wahlen wurden immer verschoben.

Krankenhaus von Dr. August Wicke, 1888-1899
Krankenhaus von Dr. August Wicke, 1888-1899

In Aného, dem Grenzort angekommen, bestellen wir im Oasis, idyllisch am Flusslauf des Togosees zum Meer gelegen, schon mal unser Mittag. Draußen auf dem Wasser sind so viele Fischerboote, dass es natürlich auch wieder Fisch gibt. Nach einer kleinen Trinkpause geht es weiter zum nächsten deutschen Kolonialbau, der früheren Residenz des 1. Reichskommissars von Togo, Jesko von Puttkammer. Zu der Zeit war Aného Hauptstadt. Heute ist es der Sitz des Präfekten der Prefectures des Lacs. Auch das war einmal ein imposanter Bau. Wir besuchen dort den Öko-Garten. In dem Terrain soll der Waldschutz und der ökologische Landbau beispielhaft zu Lehrzwecken aufgezeigt werden. Wir werden durch den kleinen Park geführt. Gleichzeitig werden hier u.a. auch Schildkröten, Meerschweinchen und Krokodile gehalten. Zum Abschluss gibt es frische Kokosnuss. Mit der Machete geschlagen. Wir mussten es nicht nachmachen, sonst wären auch garantiert einige Finger Meerschweinchenfutter geworden! Was ist doch frische Kokosmilch und frisches Kokosfleisch ein Genuss! Nicht vergleichbar mit der “Kirmesware” bei uns. Unser Führer durch den Park ist von Anja begeistert und möchte sie heiraten - der Fetisch vom Fetischmarkt wirkt! Anja wollte aber - noch - nicht anbeißen. Wir versuchen sie weiter zu überzeugen!

Residenz des 1. Reichskommissars
Residenz des 1. Reichskommissars

Wir fahren zurück zum Strandlokal Oasis in Aného. Schnell kommt unser vorbestelltes Essen. Wir genießen es bei herrlicher Aussicht auf das Fischertreiben zwischen Meer und See. Hier könnte man stundenlang einfach zusehen, sich am Meeresrauschen und der Seebrise erfreuen, sowie von den bunten Farben einfangen lassen. Aber es geht weiter.

Der Togosee und Togoville stehen auf dem Programm. Die Pisten werden sandiger, welliger, enger und schlechter. Aber es ist nicht weit. Plötzlich stehen wir am Strand gegenüber Togoville. Nur der Togosee ist noch dazwischen. Es stehen schmale Flachboote aus Holz, den Booten in Venedig ähnelnd, am Strand. Erst das Motorrad vorne rein, dann das Boot gedreht. Wir steigen von hinten ein. Im Boot schwimmt - gefühlt - der halbe See. Hoffentlich bis zum anderen Ufer nicht der ganze See! Brita steigt mit mulmigem Gefühl ein. Der starke “Fährschiffer” fährt uns, die lange Stange immer wieder auf dem Seegrund abstoßend, sicher über den Togo-See. Aber wir sind ja noch nicht an Land. Schmächtige Jungs tragen Anja und mich ans trockene Land. Dann ist das Boot leicht genug um ans trockene Ufer geschoben zu werden. Wir zwei sind “beleidigt”. Togoville begrüßt uns wie immer. Plastikmüllberge unter Palmen und die Straße mit der offenen Kanalisation der Deutschen rauf auf den kleinen Hügel. Auch hier begleitet uns ein einheimischer Führer. Togoville hat 10.000 Einwohner, 3 Grundschulen, 2 Realschulen, 1 Gymnasium und die imposante, 1910 erbaute Kirche “St. Maria Notre Dame”, der Heiligen des Togosees. Hier war im August 1985 sogar Papst Johannes Paul II. Es ist die Hauptkirche der Diozöse Aného. Wir halten in der Kirche kurz inne. Es ist schon schwer zu begreifen - pure Armut, Dreck, ärmste Verhältnisse, Staub, Kloake und daneben das genaue Gegenteil - aber penibel abgeschottet. Mit Pool im Garten und allem Luxus. Man möchte mit der normalen Bevölkerung nichts zu tun haben. Die Unterschiede sind extrem groß. In Togoville leben Christen und Voodooanhänger friedlich nebeneinander. Wir schauen uns den Männer- und Frauenvoodoogedenkstein an. An einem Platz stehen zwei riesige Bäume, knorrig, mit Wurzeln zwei Meter hoch. Imposant! Die Zwillingsbäume für Mann und Frau. Die Rückfahrt mit dem Boot gestaltet sich wieder spannend. Es gibt Streit wer von den Einheimischen noch mitfahren darf. Ein Motorrad wird wieder ins Boot gehoben, während andere Motorräder einfach im See gewaschen werden. Es donnert auf der Überfahrt. Es ist auch merklich dunkler geworden. Aber wir haben Glück. Kein Mann über Bord, kein Regen, keine Rettungswesten, kein Rettungsboot. Salifou holt uns wieder ab und kutschiert uns heil ins Seemannsheim. Wir sind erschöpft von den vielen Bildern des Tages im Kopf.

Derweil waren Uschi, Klaus und Silvia in Sachen Patenschaften aktiv unterwegs. Heute wurden 6 Patenkinder betreut. 4 vor Ort in Lomé und 2 im Seemannsheim. Über Straßen, die schon keine mehr sind, fuhren die drei raus in deren Zuhause. Das Taxi schaffte es die mit Müll verfüllten Löcher in der Straße gerade noch zu umfahren. Vor Ort gab es immer eine herzliche Aufnahme. Geschenke wurden ausgetauscht. Wir haben für die nächsten Tage viel Obst zur Verfügung. Papaya, Melone, Banane, Mango, Ananas, u.v.m.! Bei den Patenkindern gibt es das Tütenwasser - 0,1 l Wasser in Plastiktüten - und Kokosnuss. Zwischendurch wird geplaudert, gefragt, nachgefragt, informiert und einfach unterhalten. Ausführliche Patensteckbriefe werden z.T. noch in Togo gefertigt, damit die Paten nach der Tour die Informationen über ihr Patenkind bekommen. Sogar ehemalige Patenkinder melden sich. Sie halten Kontakt und sind dankbar für die geleistete Unterstützung. Pelagie, eine junge Frau, arbeitet mit Zeitverträgen von jeweils 3 Monaten für 120,- € im Monat im Hafen. Sie hat nach der Schule erfolgreich Betriebswirtschaft und Versicherungswesen studiert. In einem mitgebrachten Brief hat Pelagie herzzerreißende Worte des Dankes für die Unterstützung durch die Togohilfe gefunden, die einem warm ums Herz werden. Ein wirklich schönes Beispiel dass unsere Hilfe wirkt und ankommt. Einfach schön.


Den Abend verbringen wir gemütlich bei immer noch 28 °C draußen bei Pizza vom Holzkohlengrill im “Alt München”, gleich neben dem Seemannsheim. Wir reden über die Erlebnisse des Tages.

Tag 2: Samstag, 17. November 2018

Was für eine Nacht unter dem Moskitonetz! Nein, nicht wegen Michael neben mir. Die Klimaanlage pustete nur ganz wenig kühlere Luft ins Zimmer. Die Öffnungen im Fenster und unter der Eingangstür konnten da gleichzeitig locker für warme Zusatzluft sorgen. Trotzdem schafften Michael und ich es irgendwann naßgeschwitzt einzuschlafen. Der Gedanke an die Dusche hat beim einschlafen geholfen, wie auch die afrikanische Musik vom Rheinbacher Afrikaner Charlie Bira - seine CDs sind auch dieses Jahr auf dem Rheinbacher Weihnachtsmarkt am Togostand zu haben - aus Michaels Smartphone. Der Hafen verströmte noch seine Geräusche. Aber die Müdigkeit siegte.


Am frühen Morgen, es ist immer noch sehr warm im Zimmer, stehen wir auf. 9 Koffer stehen und liegen im Zimmer. Aussortieren was als Geschenke in Togo bleibt, was für die Augenprüfungen ist, was ins Ausbildungszentrum Agerto kommt, was für die Patenkinder mitgebracht wurde, etc. .Ein Chaos - nicht nur wegen dem Herren-Doppelzimmer. Gut, dass wir unsere Ehefrauen nicht dabei haben. Ab unter die Dusche. Herrlich! Der Wasserdruck ist perfekt. Auch wenn man sofort wieder nachschwitzt - das Gefühl zählt.
Inzwischen sind Aimé und seine Frau Françoise eingetroffen. Francoise ist Schneiderin und hat für unsere Damen verschiedene Muster mitgebracht. Sie wollen sich von Françoise traditionell einkleiden lassen. Wir sind schon sehr auf die Modenschau gespannt.

Das Seemannsheim in Lomé
Das Seemannsheim in Lomé

Um 8.00 h treffen wir uns alle im Pavillon draußen zum Frühstück. Vor dem Seemannsheim hupen die LKWs am Hafen. Baguette, Butter, Marmelade, Käse, frischer Ananas- oder Orangensaft, Tee oder Kaffee. Nicht zu vergessen das gute Aldi-Schwarzbrot aus Deutschland und das Rübenkraut von Stefan Francescini. Nach dem Frühstück teilen wir uns auf. Michael hat noch genug zu sortieren. Hoffentlich macht er das Bett wieder frei. Silvia, Uschi und Klaus empfangen die Patenkinder. Wir anderen fahren mit Salifou als Fahrer und Aimé als Reiseleiter Lomé erkunden.


Der persönliche Kontakt zu den aktuellen und ehemaligen Patenkindern ist wichtig. Sie kommen diesmal alle ins Seemannsheim. Wie geht es? Wie war das Jahr? Was bringt das neue Jahr? Gibt es Wünsche? Alles das sind Fragen, die gestellt werden. Und das Team um Uschi nimmt sich Zeit. Viel Zeit. Heute für 8 Patenschaften. Sie hören zu, versuchen vieles zu erfahren und individuell auf Belange einzugehen. Die Zuneigung ist wichtig. Auf Augenhöhe, denn wir sind nicht die besseren Menschen. Mit dabei ist auch immer Seli, unsere Betreuerin der Sozialpatenschaften vor Ort. Sie kümmert sich über das Jahr um die “schwierigen” Fälle und spricht, was für uns wichtig ist in der Rückkopplung, perfekt Deutsch. Wir können also eine ganz persönliche Betreuung der Patenschaften zusichern. Jeder Betrag, jedes Geschenk, jeder Brief kommt an, hilft, bringt Freude und garantiert eine bessere Zukunft. Ein Patenkind, Elom, hat mit 16 hervorragend Abitur gemacht, studiert jetzt mit 6000 Mitkommolitonen Betriebswirtschaft in Lomé mit Schwerpunkt Personal und geht zusätzlich noch auf eine IT-Privatschule. Alles dank der Patenunterstützung. Sonst hätte er nie sein Talent so nutzen können.

Wir anderen sind zunächst vorbei am 1968 eröffneten Tiefseehafen auf den Fetisch-Markt in Lomé gefahren. Für uns ein unwirklicher Ort. Tierschädel von allem was mal gelaufen ist, getrocknete Kleintiere, Schlangen, Vögel, mit Nägeln gespickte Holzfiguren und vieles mehr. Der Geruch ist entsprechend. 35 % der Togoer sind Christen. 25 % sind Moslems - Tendenz steigend, alle anderen stehen dem Ahnenkult nahe. Das sind auch die eigentlichen Besucher des Fetisch-Marktes. Heiler auf dem Markt verkaufen einem die ausgestellte Ware und erklären die Nutzung um Beschwerden zu heilen. Wir gehen in den Verschlag von einem “Guérisseur en Medicine Traditionelle”, ein traditioneller Naturheiler. Uns wird eine Zeremonie dargeboten, die uns mit den kleinen Fetischen vor Unheil bewaren sollen. Mein Fetisch aus 40 Kräutern im kleinen Ledersäckchen mit 2 Muscheln schützt mich jetzt vor allen Gefahren. Ich werde ihn politisch nutzen!

Weiter geht es den Boulevard de la Republique am Strand entlang bis zur nahen Grenze nach Ghana. Eigentlich waren heute Demonstrationen der Opposition angekündigt. Es ist aber erstaunlich ruhig. An der Strandpromenade stehen noch alte Kolonialbauten aus der deutschen Zeit, wie der ehemalige Gouverneurspalast. Der Palast wird gerade zum Museum umgebaut. Wir fahren, vorbei an der Deutschen Botschaft, die wir später während unserer Zeit in Lomé noch besuchen, bis zur Grenze. Quirliges Treiben - kleiner Grenzverkehr. Zurück an der Strandpromenade halten wir an der ehemaligen, noch zum Teil erhaltenen, alten Landungsbrücke. Am Strand würden wir am liebsten bleiben und ins Wasser springen. Von hier aus zählen die Kilometerangaben in Togo. Die Landungsbrücke steht für den Kilometer 0. Es gab von hier aus früher 3 Bahnlinien, die in der deutschen Kolonialzeit ihren Ursprung hatten. Die Kaffee- und Kakaolinie nach Kpalimé, die Kokusnusslinie nach Aneho und die Baumwolllinie nach Atakpamé.

Am Unabhängigkeitsplatz schauen wir uns das große Denkmal und das moderne Gebäude der Nationalversammlung an.

Platz der Unabhängigkeit in Lomé
Platz der Unabhängigkeit in Lomé

Von dort bringt uns Salifou in seinem neuen, gebrauchten Bus, zum Handwerkermarkt in Lomé. Die Handwerker zeigen uns in ihren kleinen Hütten ihre wirklich handgemachten Werke. Den Künstlern schauen wir über die Schulter. Schöne, traditionelle Holzkunst, Stoffwaren, Stoffe, Kunst, u.v.m.. Wir handeln kräftig und “schlagen zu”, immer mit dem guten Gewissen auch was Gutes zu tun.

Künstler auf dem Handwerkermarkt In Lomé
Künstler auf dem Handwerkermarkt In Lomé

Zurück im Seemannsheim genießen wir zu Mittag Dorade, Nudeln oder Anderes. Uns geht es gut!

Die Togohilfe bei Radio 93,5 FM in Lomé
Die Togohilfe bei Radio 93,5 FM in Lomé

Trotz der Hitze, es sind bereits 33°C, bleibt nicht viel Zeit um pünktlich um 14.00 h bei Radio 93,5 FM zu sein.

Die Deutschstudenten dürfen bei dem beliebtesten Sender Südtogos Samstags eine Stunde in Deutsch auf Sendung gehen. Inzwischen finanziert die Togohilfe Rheinbach dieses engagierte Projekt der Germanistikstudenten. Wir zwängen uns ins kleine Studio. Die Klimaanlage bringt uns zum zittern! Die vier Macher der Sendung stellen uns den Hörern vor, wir berichten über die Arbeit der Togohilfe, verlosen live in der Sendung noch einen Stick und ruckzuck ist die Stunde um. Weitere Preise, wie Handys und für Februar den Karnevalsorden des Prinzenklub Rheinbach, lassen wir im Studio. Wir werden wieder in die Hitze “entlassen”.

Jetzt lockt der Grand Marché, der große Markt in Lomé, der für seine vielen Marktstände - wo man alles (wirklich alles!) bekommt berühmt ist. Zunächst besuchen wir jedoch die große Herz-Jesu-Kathedrale, erbaut ab 1901 im neo-gotischen Stil. Eine Hochzeit hindert uns an der Besichtigung innen. Ein imposanter Bau mit angeschlossener Schule. Gleich daneben der Grand Marché. Es ist eng und laut. Überall wird für die Ware geworben. Fisch neben Stoffen. Schuhe neben Tomaten. Seife neben Schulheften. Straßenspeisung neben Autoreifen. Hier alles normal. Wir laufen, naja schleichen, im Gänsemarsch durch. Unglaublich für uns, dass das funktioniert, zumal auch noch die Mopeds durchfahren. Überall sind es die Frauen, die die Stände betreuen. Die Männer sind müde oder fahren Motorrad.

Im Seemannsheim entspannen wir für kurze Zeit, empfangen für heute die letzten Paten, um dann mit dem Bus zu Lomé by Night aufzubrechen. Die Hauptstadt ist immer noch quirrlig lebendig. Öllampen beleuchten die Stände auf dem Nachtmarkt. Leuchtreklamen, Musikboxen, Mopeds und Gehupe bestimmen die Nacht. Trotzdem ist auch jetzt nicht soviel Betrieb wie sonst am Samstag in Lomé. Vielleicht haben die angekündigten Demonstrationen die Leute zu Hause gehalten. Wir haben aber von der Demo nichts mitbekommen.
Wir entschließen uns zum Abendessen im Cotê Jardin. Hier waren wir vor Jahren schon mal. Sehr gepflegt und schön angelegt. Und vor allem ruhig. Wir sitzen im Innengarten. Egal ob Fisch oder nicht Fisch - es schmeckt uns richtig gut.
Nach der Rückfahrt ins Seemannsheim noch ein Abschluss am Pool. Ein Tag mit unglaublich vielen Eindrücken geht zu Ende. Togo hat uns in seinen Bann genommen.

Tag 1: Freitag, 16. November 2018

05.00 h. Der Wecker klingelt. Sch.... Freitag. So früh! Ach nein, heute geht es los. Endlich. Gestern noch lange im Büro. Danach Fußball. Deutschland gewinnt sogar 3:0 gegen Russland. Und es sind nicht die Frauen! Um Mitternacht ins Bett. Im Kopf immer noch die Gedanken, ob wirklich an alles für Togo gedacht haben. Michael brachte mir gestern noch einen Laptop für das Handgepäck. Was für ein Trümmer! Der Rheinbacher Fahrservice ist pünktlich. Brita, Michael, Stefan und Anja sind mit je 2 x 23 kg Koffer plus Handgepäck im 8-Sitzer verstaut. Auf nach Brüssel. Immer links an den LKW’s vorbei. Stau im Nebel vor Brüssel. Wir sind voller Vorfreude! Aus 3°C in Rheinbach und -3°C in Belgien werden heute noch 33°C in Lomé.

Alles glatt gegangen am und im Flughafen. Wir sind am Gate 69 von warm eingepackten “Schwarzen” umzingelt. Alle gut drauf. Afrika - wir kommen! Silvia, Uschi (seit 2.00 h auf den Beinen!) und Klaus sind via Frankfurt bzw. Stuttgart gut eingetroffen. Ein herzliches Hallo und sofort Togo, Togo, Togo. Wann wird das Beamen erfunden?

Wir sitzen im Flieger. Eine A 330-300. Voll! Brussels Airlines, gehört zur Lufthansa-Gruppe, bringt uns mit Zwischenstop in Accra, der Hauptstadt von Ghana, hoffentlich pünktlich und ruhig nach Lomé. Genießen wir den Flug. Werde ich die etwa 7 Stunden Offline überleben? Ein Feldversuch.

Naja, ich habe Smartphone und Tablet in der Hand. Auch im Flugmodus ein gutes Gefühl. Die Ghanaerin neben mir sagt kurz Hallo und döst dann weg. Es liegt hoffentlich nicht an mir!? Nahezu pünktlich um 11.15 h rollen wir los. Um 11.30 h sind wir in der Luft. Der Nebel ist schnell überflogen. Unter uns in den Wolken Luxemburg, Metz und Genf, bis dann die Wolken aufreißen und einen herrlichen Blick auf die schneebedeckten Schweizer und Französischen Alpen freigeben. In 11.000 m Höhe geht es mit 850 km/h bei Nizza raus aufs Mittelmeer. Jetzt passt auch der Fisch zu Mittag. Als Aperitiv ein kleines Jupiler-Pils und zum Hauptgang ein Weißwein. Was für ein Freitagnachmittag! Sogar die Bein- und Kniefreiheit ist bei Brussels Airlines top. Die Kniescheibe bleibt heil! Um 13.20 h erreichen wir in Höhe der Grenze Tunesien/Algerien Afrika. Von oben sieht alles so friedlich aus. Ja, wäre es das nur so! Schnell geht es über in Wüste. Stundenlang Sahara. Da kann auch der Fairtradekaffee nicht mehr helfen. Sand, Sand, Sand - soweit das Auge schaut. Ab und zu ein paar Oasen und Fahrpisten. Es bewölkt sich wieder. Es wird ruhig im Flieger. Schöne afrikanische Musik im Ohr und die Zeitungen der letzten Tage lesen. Die Entspannung beginnt.

Über Algerien geht es weiter, zum Teil mit diesiger Sicht durch den Sand in der Luft, in den Niger. Niamey, die Hauptstadt und der Niger sind gut zu sehen. Über den Voltasee steuern wir zunächst Accra an. Leckere belgische Schokolade hoch über Ghana. Der Kakao kommt zurück. Um 17.55 h unsere Zeit, d.h. 16.55 h in Westafrika, landen wir. Gut 3/4 der 288 Pasagiere steigen aus. Wir bleiben im Flieger. Endlich mal aufstehen. Das verbliebene Handgepäck wird kontrolliert, damit klar ist, dass es den Weiterreisenden nach Togo gehört. Nach 1 Stunde heben wir wieder ab. Zuvor wurde die Kabine noch desinfiziert - nicht dass eine Moskitomücke mit von Ghana nach Togo wollte. Bereits 20 Minuten später die Landung in Lomé. 18.15 h lokake Zeit sind wir bei über 30 Grad in Togo angekommen. Togo - wir sind da! Es geht zügig raus aus dem Flieger. Oh, was ist das warm hier. Wir werden direkt noch vor der Passkontrolle auf Körpertemperatur gescannt. Ebola ist halt ein Thema. Der kleine Doktor im zu großen weißen Kittel ist auch noch da. Kurzer Blick ins gelbe Impfbuch. Alles OK! Dann die Einreiseformulare ausfüllen und über die Kontrolle, diesmal ohne Foto und Fingerabdrücke, zum Rollband. Was ist der Flughafen seit 3 Jahren modern! Es ist nicht mehr die alte Abfertigungsbaracke. Alle Koffer sind da! Es wird sogar an den Banderolen und dem Abschnitt auf der Bordkarte kontrolliert ob die Koffer richtig zugeordnet sind.

Draußen vor der Tür steht Aimé. Unser Koordinator in Togo. Quasi der Honorarkonsul der Togohilfe in Togo. Nach der herzlichen Begrüßung ab zu Salifou - unserem Busfahrer. Die Koffer aufs Dach des Busses, das Gepäcknetz drüber und ab Richtung Seemannsheim. Es wuselt auf den Straßen. Mopeds, Autos und LKWs. Alles durcheinander. Es ist inzwischen dunkel. Die Öllampen an den Straßenständen leuchten. Mit gehupe und ab und zu sogar halt an roten Ampeln kommen wir traditionell im Seemannsheim an. Schnell aufs Zimmer. Frisch gemacht. Ab an die Bar. Ein erstes Getränk. Danach nebenan ins “Alt München”. Pizza! Lecker. Wir sitzen draußen, bereiten den nächsten Tag vor und freuen uns auf die 2 Wochen in Togo und Ghana. Gute Nacht!

Team Togo 2018
Team Togo 2018